Typ 1 Diabetes bei Kindern – Teil 2: Alltag, Kindergarten und Schule

Kinder spielen mit Laub im Herbst

Im ersten Teil unserer Blogserie “Typ 1 Diabetes bei Kindern” haben wir uns ausführlich mit der Entstehung und den Auswirkungen der Stoffwechselerkrankung auseinandergesetzt. Jetzt, im zweiten Teil, geben wir konkrete Tipps für einen konstruktiven Umgang mit der neuen Situation. Dabei können wir schon vorwegnehmen: Wenn ihr als Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte euch untereinander, mit eurem Kind sowie mit ErzieherInnen, LehrerInnen und den Eltern anderer Kinder gut besprecht und abstimmt, steht einem positiven Alltag zu Hause, in Kita, Kindergarten und Schule nichts im Wege! 

Grundlegende Tipps für eine erfüllte Kindheit trotz Diabetes Typ 1

Bevor wir zu speziellen Alltagstipps für zu Hause, den Kindergarten und die Schule kommen, möchten wir erst einmal ein paar grundlegende Ratschläge geben, deren Umsetzung eine erfüllte Kindheit trotz Diabetes Typ 1 unterstützen kann:

  • die Stoffwechselerkrankung genauestens kennenlernen

  • das Kind mit seinem neuen Lebensbegleiter vertraut machen

  • wichtige Bezugspersonen briefen

  • Optimismus leben und zeigen

  • moderne Diabetes-Technik nutzen

Diabetes Typ 1 genau kennenlernen

Die Grundvoraussetzung für eine erfüllte, glückliche Kindheit trotz Diabetes Typ 1 ist ein gutes Diabetes-Management. Dafür benötigen vor allem die Eltern beziehungsweise die wichtigsten Bezugspersonen umfangreiches Know-how. Deshalb solltest du dich nach der Diagnose intensiv mit der Stoffwechselerkrankung und ihrer Behandlung befassen. Nimm am besten an einer sogenannten Initialschulung in der Diabetes-Fachpraxis teil, die deutschlandweit allen Eltern von Kindern mit Diabetes Typ 1 angeboten wird und bei der erfahrene DiabetesberaterInnen Wesentliches rund um die Erkrankung und Therapie vermitteln. Außerdem kannst du dabei alle Fragen stellen, die dich beschäftigen.

Wir empfehlen dir allerdings, dich nicht mit dem Basiswissen aus einer solchen Schulung zufriedenzugeben, sondern eigeninitiativ weiterzulernen. Denn je umfangreicher du über Diabetes Typ 1, den Blutzuckerstoffwechsel und andere relevante Themen Bescheid weißt, desto besser kannst du dein Kind unterstützen und desto sicherer bist du normalerweise im Umgang mit der Erkrankung und deinem Liebling. Hohe Kompetenz gibt dir ein Gefühl der Kontrolle – nicht umsonst heißt es “Wissen ist Macht”. Auf unserer Plattform findest du zahlreiche Beiträge rund um Typ 1 Diabetes.

Des Weiteren empfehlen wir dir, so viel wie möglich selbst auszuprobieren: Kohlenhydrate zu schätzen, deinen Blutzucker zu messen, mal einen CGM-Sensor zu tragen, bei all deinen Aktivitäten über den Effekt auf deinen Blutzucker nachzudenken und dich je nach Alter deines Kindes mit ihm auch über deine Erfahrungen auszutauschen. Oft neigen Eltern dazu, ihrem betroffenen Nachwuchs gegenüber “stark sein zu müssen”, und vermeiden, offen über ihre eigenen Gefühle zu sprechen. Dem Kind hilft es aber meist viel mehr, wenn es sich verstanden und in seinen Herausforderungen gesehen und akzeptiert fühlt – diese umfassende Offenheit wirkt sich zudem positiv auf das Familienklima aus. Und für dich selbst gilt: Du musst nicht immer nur stark sein – tausche dich mit anderen Eltern aus, sammle Erfahrungen und erlaube es dir, Fehler zu machen, aus denen du lernen und besser im Blutzuckermanagement werden kannst.

Das Kind mit seinem neuen Lebensbegleiter bekannt machen

Je nach Alter und Reife sollte auch dein Kind seinen neuen Weggefährten näher kennenlernen, damit es weiß, mit wem es künftig sein Leben verbringen wird. Sofern dein Nachwuchs bereits zur Schule geht, kann er ebenfalls an einer Diabetes-Schulung für Kinder teilnehmen. Dort erfährt er alles, was zu einem selbständigen Diabetes-Management dazugehört: Blutzucker messen, Insulinmenge ermitteln und Insulin spritzen – Dinge, die zu Beginn oft überfordernd wirken, doch schon bald so selbstverständlich sein werden wie das tägliche Zähneputzen. Wenn du dich umfassend schlau gemacht hast und du es dir zutraust, kannst du deinen Liebling natürlich auch selbst weiterbilden – langsam und kindgerecht.

Wichtige Menschen im Leben des Kindes briefen

Hast du dich und deinen kleinen Liebling detailliert mit Diabetes Typ 1 vertraut gemacht, ist der nächste elementare Schritt, das weitere Umfeld des Kindes angemessen zu informieren und hinsichtlich des richtigen Verhaltens in bestimmten Situationen – beispielsweise bei Über- oder Unterzuckerung – zu briefen. Ganz wichtig dabei: Vermeide es, “außenstehenden” Personen wie den Eltern von SpielkameradInnen deines Kindes oder LehrerInnen zu viel Verantwortung aufzubürden. Beispielsweise solltest du sie unvoreingenommen fragen, ob sie sich vorstellen könnten, deinem Kind im Falle einer starken Unterzuckerung mit Bewusstlosigkeit per Spritze oder Nasenspray Glukagon zu verabreichen – und ein mögliches “Nein” verstehen und akzeptieren. Wichtig ist hierbei auch, anderen Menschen nicht zu viel zuzumuten, sie können und sollen nicht deine Rolle übernehmen, sondern nur “im Ernstfall” wissen, was zu tun ist und entsprechend handeln.

Worauf es beim Briefen in erster Linie ankommt: Die verschiedenen Menschen im Leben des Kindes sollten verstehen, was bei Diabetes Typ 1 im Körper des betroffenen Kindes vor sich geht, und vor allem Symptome einer Überzuckerung, Ketoazidose und Unterzuckerung erkennen und unterscheiden können und wissen, was im jeweiligen Fall zu tun ist. Beispiel: Bei einer leichten bis mittleren Unterzuckerung braucht das Kind schnell wirkende Kohlenhydrate. Im Idealfall haben die Erwachsenen, die regelmäßig Zeit mit deinem Nachwuchs verbringen, stets ein paar Hypo-Snacks parat, etwa Fruchtsaft, Gummibärchen oder Traubenzucker. Die wichtigsten Handlungen sind jedoch, dass sie dich umgehend kontaktieren, wenn dein Kind ein Problem hat und bei einer schweren Über- oder Unterzuckerung zuvor die Rettung rufen.

Die Geschwister, SpielgefährtInnen und MitschülerInnen sollten kindgerecht gebrieft werden. Es ist ungemein wichtig, ihnen möglichst einfach zu erklären, was es mit Diabetes Typ 1 auf sich hat und wie sich die Erkrankung auf das betroffene Kind auswirkt. Diese Aufgabe kannst du selbst übernehmen oder dafür eine fachkundige Person engagieren (beispielsweise Ivo, den Gründer von Dialetics), die den Kids in einer Art Unterrichtsstunde alles Wesentliche erläutert. Folgende Aussagen sind für Kinder besonders bedeutsam:

  • “Diabetes Typ 1 ist nicht ansteckend.” Diese Info nimmt den anderen Kids Berührungsängste im Umgang mit dem betroffenen Kind.

  • “Das Kind kann nichts dafür, dass es von Typ 1 Diabetes betroffen ist. Es hat dahingehend Pech und braucht euer Mitgefühl und eure Unterstützung.” Diese Info kann helfen, Mobbing vorzubeugen. 

  • “Der Blutzucker hat oberste Priorität, daher kann es sein, dass das Kind während des Unterrichts mal was essen muss.” Dies beugt dem Risiko vor, dass sich andere Kinder ungerecht behandelt fühlen, weil sie bspw. im Unterricht nicht essen dürfen.

Darüber hinaus gilt es den Heranwachsenden zu vermitteln, woran sie erkennen können, dass es dem betroffenen Kind gerade schlecht geht, und dass sie in einer solchen Situation schnell zu den Eltern oder zum Lehrer/zur Lehrerin laufen sollten, um Bescheid zu sagen.

Weder sich selbst noch andere verrückt machen

Auch wenn es gerade zu Beginn schwer fallen kann: Versuche, den Diabetes deines Kindes nicht zu überdramatisieren. Denk immer daran, dass dein Liebling mit einem guten Diabetes-Management ein langes, erfülltes und glückliches Leben führen kann. Das bedeutet nicht, dass du die Stoffwechselerkrankung auf die leichte Schulter nehmen solltest; doch es ist enorm wichtig, dass du dich innerlich und nach außen hin auf das Positive konzentrierst.

Bitte versteh uns nicht falsch: Dass du dir Sorgen machst und Ängste hast, ist vollkommen verständlich und normal. Doch sei dir bewusst, dass sich deine “Ausstrahlung” auf deine Mitmenschen überträgt. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn du dich im Beisein des betroffenen Kindes, deines Lebensgefährten oder deiner Lebensgefährtin oder gegenüber sonstigen involvierten Personen immer wieder stark besorgt und traurig zeigst, überträgt sich das auf deine Mitmenschen. Das kann so weit gehen, dass dein Kind den Diabetes als etwas ganz Schreckliches abspeichert und sich dieses Grundgefühl durch sein gesamtes Leben zieht. Das muss nicht sein!

Bemühe dich unbedingt um eine optimistische und authentische Grundhaltung, ohne dabei die herausfordernden Situationen unter den Tisch zu kehren. Damit tust du nicht allein deinen Lieben, sondern auch dir selbst einen Gefallen, weil es dich vor psychischer und körperlicher Überlastung schützt. Und deinem Kind, deinen weiteren Angehörigen sowie Freunden und Freundinnen signalisierst du so: “Ja, Diabetes Typ 1 ist eine ernste Erkrankung, aber wir lassen uns nicht unterkriegen, sondern begegnen der neuen Situation verantwortungsvoll und zuversichtlich. Gemeinsam schaffen wir das!”

Außerdem sehr wichtig: Betrachte dich im Kontakt mit den Eltern anderer Kinder oder deinen Freunden und Freundinnen bitte nicht als Mittelpunkt der Welt und denke nicht, dass sich jetzt alles nur noch um dich und deine Situation drehen sollte. So schwer und belastend der Alltag mit Diabetes Typ 1 manchmal sein kann: Andere Familien haben genauso ihre Probleme und Sorgen… Behalte das immer im Hinterkopf und verhalte dich entsprechend. Ansonsten kann das deine zwischenmenschlichen Beziehungen unnötig belasten, bis hin zu Ausgrenzung und Ablehnung führen.

Moderne Diabetes-Technik nutzen – Stichwort hybrides Closed-Loop-System

Heutzutage steht moderne Diabetes-Technik zur Verfügung, die Kindern mit Typ 1 Diabetes und ihren Angehörigen den Alltag massiv erleichtern kann. Wir beziehen uns dabei vor allem auf sogenannte Hybrid-Closed-Loop-Systeme, auch Automated-Insulin-Delivery-Systeme (AID) genannt. Was das ist, haben wir im ersten Teil unserer Blogserie zum Thema “Kinder mit Typ 1 Diabetes” erklärt. An dieser Stelle wollen wir die potenziellen Vorteile eines hybriden Closed-Loop-Systems anhand von konkreten Beispielen aufzeigen. Wichtig: Betrachte die Beispiele wirklich nur als solche und nicht als unumstößliche Wahrheiten. Wir möchten dir damit einfach einen besseren Eindruck geben, wie ein AID-System helfen kann.

Blutzuckerkontrolle durch Betreuungspersonen

Situation: Vor allem bei sehr jungen Kindern sind die Eltern zur Gänze für das Diabetes-Management verantwortlich. Allerdings können sie nicht ständig bei ihrem Nachwuchs sein (z.B. Arbeit, Kind in Kita, Kindergarten oder Schule, etc.).

Lösungsmöglichkeit: Leistungsstarke AID-Systeme (z.B. der mylife Loop mit der Companion-Funktion) bieten Betreuungspersonen die Möglichkeit, die Gewebezuckerwerte des Kindes permanent über eine App auf ihrem Smartphone zu überwachen, um dann bei Bedarf der jeweiligen Betreuungsperson anzuweisen, Anpassungen vorzunehmen. Beispiel: Das Kind tobt gerade mit seinen Kindergartenfreunden und -freundinnen auf dem Spielplatz, während die Eltern auf der Arbeit sind. Um einer Unterzuckerung durch die intensive Bewegung vorzubeugen, benachrichtigen sie die Betreuungsperson, dem Kind eine Hypo-KE zu geben.

Mehr Zeit für Spaßiges in den Schulpausen

Situation: Während die anderen Kinder in der Pause plaudern und spielen, muss das Kind mit Diabetes Typ 1 Blutzucker messen und Insulin spritzen.

Lösungsmöglichkeit: Hybride Closed-Loop-Systeme passen den individuellen Grundbedarf an Insulin anhand der CGM-Daten alle paar Minuten automatisch an. Dadurch kann das Kind in den Pausen mehr Zeit mit seinen MitschülerInnen verbringen.

Sorgenfreier bei Kindergeburtstagen oder im Sportverein

Situation: Körperliche Aktivität beeinflusst den Blutzucker. Bei Bewegung kann der Glukosespiegel schnell abfallen oder ansteigen. Die Balance zwischen Aktivität, Essen/Trinken und Insulin ist wichtig, aber manchmal schwer zu gewährleisten.

Lösungsmöglichkeit: AID-Systeme steuern den Insulinbedarf des Kindes während der Party und beim Sport. Beispiel mylife Loop: Neben der adaptiven Lernfunktion des Algorithmus einschließlich der Fähigkeit, zu hoch oder zu niedrig verabreichte Mahlzeitenboli zu korrigieren, kann auch der sogenannte Ease-Off-Modus (vorübergehende Drosselung der Insulinzufuhr) sowie eine zeitweise Anpassung der Zielwerte helfen, die beim Toben entstehenden Blutzuckerschwankungen auszugleichen. Das entlastet gleichzeitig die Eltern und andere Betreuungspersonen bei dieser Aufgabe.

Mehr Entspannung beim Essen unterwegs (z.B. Snacken in der Schul- oder Halbzeitpause)

Situation: Die Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinmengen zu berechnen bzw. zu schätzen und danach den Insulinbedarf zu bestimmen, ist für Kinder meist zu schwierig, weil sie noch nicht so gut mit der Zusammensetzung verschiedener Lebensmittel vertraut sind.

Lösungsmöglichkeit: Gängige hybride Closed-Loop-Systeme umfassen einen Boluskalkulator, der basierend auf dem aktuellen Gewebezuckerwert und der Kohlenhydrateingabe einen Mahlzeitenbolus vorschlägt. Verschätzt sich das Kind, ist das kein Problem – das System gleicht Über- und Unterdosierungen rasch aus. Manche Systeme bieten hier auch eine Begrenzung des maximal möglichen Bolus oder voreingestellte Mahlzeitengrößen – was die Bedienung für Kinder (in Absprache mit den Eltern, beispielsweise am Telefon) erleichtert.

Mehr Leichtigkeit beim Zusammensein mit Freunden und Freundinnen

Situation: Vielen Kindern ist es unangenehm, im Beisein ihrer Freunde und Freundinnen den Blutzucker zu messen oder Insulin zu spritzen. Und sich dafür auf der Toilette zu verstecken, wird den hygienischen Ansprüchen nicht gerecht, trägt zu mehr Stigmatisierung und gefühlter Ausgrenzung bei und darf daher niemals die Lösung sein.

Lösungsmöglichkeit: AID-Systeme gewährleisten eine diskrete Blutzuckerkontrolle. Alle Komponenten sind klein und unauffällig und die Steuerung ist direkt über das Smartphone möglich, das für ältere Kinder und für Jugendliche heutzutage sowieso meist fest dazugehört. In Absprache mit dem Lehrpersonal und mit einer entsprechenden Erklärung an die MitschülerInnen lässt sich hier gegebenenfalls eine Sondergenehmigung für den Gebrauch des Handys im Schulhaus erreichen. Auch hier ist eine gute Kommunikation das A und O.

Guter Schlaf durch automatische Blutzuckerkontrolle in der Nacht

Situation: Bei vielen Menschen mit Typ 1 Diabetes – auch Kindern – kann es auch nachts zu Unterzuckerungen kommen. Diese bleiben nicht selten unbemerkt, was das Befinden am nächsten Morgen negativ beeinflussen und unter Umständen auch gefährlich werden kann.

Lösungsmöglichkeit: Hybride Closed-Loop-Systeme tragen auf verschiedene Arten dazu bei, nächtlichen Unterzuckerungen vorzubeugen: beispielsweise, indem sie die nebenan schlafenden Eltern im Falle einer drohenden Hypo via App alarmieren, sodass sie ihr Kind wecken und mit schnellen Kohlenhydraten versorgen können; auch die automatisierte Drosselung der Insulinzufuhr eines AID-Systems ist in diesem Fall hilfreich, wenn das Kind nachts zum Unterzuckern neigt; meist passt sich der Algorithmus mit der Zeit ausreichend an, sodass im Optimalfall gar nichts weiter unternommen werden muss. Die Pubertät oder starke Wachstumsphasen sind hier eine Ausnahme, da sich Hormone massiv auf den Blutzucker auswirken.

Unterschiedliche Anforderungen je nach Alter

Je nach Alter des Kindes variieren die konkreten Anforderungen an dich und andere nahe Bezugspersonen. Die Basics bleiben jedoch immer gleich:

  • Ihr solltet den Blutzuckerspiegel des Kindes ausreichend im Blick behalten. Dabei hilft euch ein CGM- beziehungsweise hybrides Closed-Loop-System.

  • Ihr müsst darauf achten, dass das Kind täglich ausreichend Insulin spritzt oder gespritzt bekommt, ansonsten drohen Überzucker und Ketoazidose. Dazu gehört beispielsweise auch, die Diabetes-Technik regelmäßig zu prüfen, denn technische Probleme oder abgeknickte bzw. ausgerissene Katheter, können einen Insulinmangel begünstigen.

  • Ihr müsst die Insulinmenge immer wieder anpassen – kurzfristig zu Mahlzeiten, Bewegung oder auch für mehrere Tage bei einer Infektion (in Krankheitsphasen ist meist mehr Insulin erforderlich) und längerfristig an die physische Entwicklung des Kindes, denn Wachstums- und Sexualhormone beeinflussen den Blutzucker stark.

  • Ihr müsst sicherstellen, dass sich euer Kind gesund und ausgewogen ernährt sowie regelmäßig Sport treibt – am besten die ganze Familie.

Baby und Kleinkind

Bei Babys und Kleinkindern ist die Angelegenheit sehr eindeutig: Die Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigten sind zu 100 Prozent für das Diabetes-Management verantwortlich. Dies kann besonders herausfordernd sein, weil Säuglinge und Vorschulkinder noch nicht in der Lage sind, sich differenziert mitzuteilen, wenn sie Symptome einer Über- oder Unterzuckerung haben. Somit müsst ihr euren Nachwuchs stets gut beobachten und lernen, seine Körpersprache und Lautäußerungen richtig zu deuten. Hinzu kommt, dass Babys und Kleinkinder keine gleichbleibende Menge Nahrung zu sich nehmen und ständig wachsen (Stichwort Wachstumshormone, die den Blutzucker erhöhen können), was das Diabetes-Management zusätzlich erschwert.

Je kleiner die Kinder, desto engmaschiger findet die Blutzucker-Kontrolle meist auch in Absprache mit dem Diabetes-Team statt. Sucht euch außerdem Möglichkeiten, euch im Familienleben zu entlasten und euch auch ausreichend mit anderen betroffenen Eltern auszutauschen. Ihr seid meist nicht die ersten, die das durchleben und könnt von anderen Betroffenen wertvolle Tipps und Anregungen erhalten. Ein wertvoller Austausch findet beispielsweise auf diabetes-kids.de statt.

Kindergarten- und Schulkind

Auch bei einem Kindergarten- oder Schulkind tragt ihr als Eltern und sonstige Erziehungsberechtigte die ganze oder einen großen Teil der Verantwortung für das Diabetes-Management. Allerdings könnt und solltet ihr euren Nachwuchs schrittweise mit Diabetes Typ 1 vertraut machen und ihn in die therapeutischen Maßnahmen einführen und einbeziehen, damit euer Liebling nach und nach lernt, seinen Diabetes selbstbestimmt zu kontrollieren. Das stärkt auch das Selbstvertrauen des Kindes. Geht aber bitte wirklich behutsam und geduldig vor. Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, was das Akzeptieren und Verstehen der Erkrankung mit all seinen Konsequenzen betrifft.

Alltag mit Diabetes Typ 1 zu Hause

Nach der Entlassung aus der Diabetes-Klinik und der dortigen Diabetes-Schulung seid ihr und euer Kind zum ersten Mal zu Hause auf euch allein gestellt. Anfangs kann sich die ganze Situation extrem überwältigend und überfordernd anfühlen – vor allem, wenn die Blutzuckerwerte des Kindes im bewegten Alltag plötzlich nicht mehr so stabil sind wie zuvor im Krankenhaus. All das ist vollkommen normal. Mit den folgenden Tipps wollen wir dir und deiner Familie helfen, die erste Zeit nach der Diagnose bestmöglich zu meistern und rasch in einen gut lebbaren Alltag mit eurem neuen Familienmitglied – dem Typ 1 Diabetes – hineinzuwachsen.

Passende Praxis mit Schwerpunkt Kinderdiabetologie finden

Einer der wichtigsten ersten Schritte ist die Suche nach einem geeigneten Kinderdiabetologen oder einer geeigneten Kinderdiabetologin. Zwar wird die ambulante Betreuung häufig in derselben Klinik weitergeführt, in der das Kind stationär untergebracht war, doch gerade wenn ihr euch dort nicht zu 100 Prozent wohl gefühlt habt oder zu weite Wege auf euch nehmen müsst, empfiehlt es sich, gleich nach einer alternativen Diabetes-Schwerpunktpraxis für Kinder für die Langzeitbetreuung Ausschau zu halten. Hier ein paar Tipps zur Auswahl:

  • Ein qualifiziertes Diabetes-Team bestehend aus eng zusammenarbeitenden DiabetologInnen, Diabetes-BeraterInnen, ErnährungsberaterInnen und PsychologInnen mit Schwerpunkt Kinder ist ideal für eine umfassende, optimal auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmte Behandlung. Meist gibt es eine solche Konstellation nur in spezialisierten Kinderkliniken oder mit etwas Glück auch in pädiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern.

  • Um eine hohe Behandlungsqualität sicherzustellen, suchst du am besten gezielt nach DDG-zertifizierten Praxen und Kliniken in deiner Nähe. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft zertifiziert Einrichtungen, die sich nachweislich fachgerecht um Menschen mit Diabetes kümmern, als “Diabeteszentrum DDG” oder “Diabetes Exzellenzzentrum DDG”.

  • Alternativ kannst du dir auch die Adresskarte auf diabetes-kids.de ansehen. Die Einträge für Praxen und Kliniken mit Schwerpunkt Kinder- und Jugenddiabetologie basieren auf Vorschlägen der Diabetes-Kids-Community.

  • Frag gegebenenfalls auch die Klinik nach einer Empfehlung für spezialisierte KinderdiabetologInnen in deiner Nähe.

Wichtige Hilfsmittel für die Diabetes-Therapie zu Hause

Du hast noch keine Küchenwaage zu Hause? Dann ist es jetzt an der Zeit, eine anzuschaffen. Ihr solltet die für die Mahlzeiten des Kindes verwendeten Lebensmittel anfangs möglichst genau wiegen, um die Kohlenhydrat- sowie die Fett-Protein-Einheiten (KHE und FPE) berechnen und davon die erforderliche Insulindosis ableiten zu können. Mit der Zeit lernst du, die jeweiligen Nährstoffmengen zuverlässig abzuschätzen, doch zu Beginn ist eine Waage unverzichtbar.

Darüber hinaus sind Kohlenhydrat- und Fett-Austauschtabellen, Nährstoffbücher und/oder Smartphone-Apps (wie WeTid oder Meala, beide von Gründern mit Diabetes Typ F oder Typ 1) mit umfangreichen Informationen zum Nährstoffgehalt verschiedener Lebensmittel und praktischen Rechenhilfen sinnvoll. 

Reden, reden, reden – und gut aufeinander abstimmen

Eine gute Kommunikation der Eltern beziehungsweise aller Erziehungsberechtigten ist das A und O für einen möglichst reibungslos ablaufenden Alltag unter den neuen Umständen. Redet von Anfang an viel miteinander – darüber, wie ihr euch das Diabetes-Management eures Kindes praktisch einteilen wollt, aber unbedingt auch über eure Sorgen und Ängste beziehungsweise generell über eure Gefühle und Bedürfnisse. Hört euch gegenseitig zu und geht aufeinander ein. Ermuntert auch euer Kind dazu, sich jederzeit an euch zu wenden, wenn es etwas auf dem Herzen hat – aber ohne es zu drängen! Bietet es einfach als Option an. Geht selbst mit gutem Beispiel voran uns lasst auch euer Kind (kindgerecht) an euren Emotionen teilhaben. Dies stärkt euren Zusammenhalt und erzeugt eine starke Basis für die Akzeptanz des Diabetes.

Schafft eventuell Rituale oder eine feste Aufgabenverteilung rund um den praktischen Umgang mit dem Diabetes eures Kindes im Alltag. Beispielsweise so: Ein Elternteil kümmert sich um das Blutzucker messen/kontrollieren sowie das Berechnen der KHE, FPE und Insulinmengen, der andere Elternteil ist hingegen für das Insulin spritzen beziehungsweise den regelmäßigen Wechsel von Pumpenkathetern und CGM-Sensoren zuständig. Wenn ihr euch nicht aufteilen wollt, umso besser: Integriert den Diabetes und das Blutzuckermanagement möglichst spielerisch in euren Familienalltag, beispielsweise mit Schätzspielen/-wettbewerben. Das integriert alle Familienmitglieder und schafft eine gewisse Leichtigkeit.

Immer schön locker bleiben

Wichtig für einen entspannten Alltag mit Diabetes Typ 1 ist auch, dass du nicht unnötig Panik schiebst, sondern versuchst, möglichst locker und positiv an alles heranzugehen. Beispielsweise solltest du dich bemühen, nicht bei jeder Blutzuckerkontrolle, jedem Insulinspritzen oder jedem Katheterwechsel merklich angespannt zu sein, das könnte sich sonst auf das Kind und/oder die anderen Familienmitglieder übertragen und eine ungute Stimmung in eure vier Wände bringen. Wenn du etwas Derartiges bei dir beobachtest, suche das Gespräch mit dem Praxisteam und anderen betroffenen Eltern – tausche dich aus.

Was grundsätzlich elementar ist: Mach dir keine Vorwürfe, dass dein Kind Diabetes Typ 1 hat. Du bist nicht Schuld daran, du hättest den Ausbruch der autoimmunen Stoffwechselerkrankung nicht verhindern können!

Und: Kümmere dich gut und umfassend um das betroffene Kind, aber sei nicht überängstlich, packe es nicht in Watte. Es kann und sollte genauso herumtoben wie seine SpielgefährtInnen. Traue deinem Kind eine normale Kindheit und überhaupt ein normales Leben zu und ermutige es von Anfang an dazu.

Geschwister kindgerecht in das Diabetes-Management einbeziehen

Wie wir im ersten Teil unserer Blogserie zum Thema “Typ 1 Diabetes bei Kindern” schon angesprochen haben, ist es wichtig, Geschwister aktiv in das Diabetes-Management zu involvieren – auf kindgerechte Art und Weise, also am besten spielerisch. Probiert einfach Verschiedenes aus: Vielleicht haben die Kids Spaß daran, die KHE und FPE zu schätzen oder zu berechnen oder zusammen mit den Eltern die Blutzuckerwerte zu interpretieren (Zielbereich, darüber oder darunter). In jedem Fall sollten die Geschwister am Diabetes-Management teilhaben dürfen, ohne dazu gezwungen oder dabei überfordert zu werden. Das beugt negativen Emotionen und Spannungen vor, beispielsweise Eifersucht auf das betroffene Kind, das mehr elterliche Aufmerksamkeit bekommt, oder dem Gefühl, ausgeschlossen zu sein. Stattdessen kann das Partizipieren an den therapeutischen Maßnahmen das Selbstvertrauen der Kids stärken, weil sie den Eindruck gewinnen, Gutes beizutragen, unterstützend zu sein und Wertvolles fürs Leben zu lernen. 

Allen Kindern die nötige Aufmerksamkeit schenken

Auch wenn das Kind mit Diabetes Typ 1 verständlicherweise mehr Beachtung benötigt, solltet ihr von Anfang an darauf achten, dass ihr eure anderen Kinder nicht vernachlässigt. Sie brauchen genauso regelmäßig die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern oder zumindest eines Elternteils. In diesem Zusammenhang verweisen wir gerne noch einmal auf den ersten Punkt dieses Kapitels: Kommuniziert als Eltern miteinander und stimmt euch praktisch so ab, dass ihr jedem Kind genügend Zeit und Zuwendung schenken könnt.

Alltag mit Diabetes Typ 1 in Kita, Kindergarten und Schule

Der Alltag mit Typ 1 Diabetes in Kita, Kindergarten und Schule stellt spezielle Anforderungen an alle Beteiligten – vom betroffenen Kind über die Eltern bis hin zu den ErzieherInnen, LehrerInnen und KameradInnen sowie gegebenenfalls BetreuerInnen. Grundsätzlich wichtig: Kommuniziere mit jeder involvierten Person offen über den Diabetes des Kindes und wie damit umzugehen ist.

Verhalten von Kita-, Kindergarten- und SchulkameradInnen

Zu den bedeutendsten Maßnahmen gehört die sachliche Aufklärung über Diabetes Typ 1 in altersgerechter Sprache. Die Informationen sollten jegliche Stigmatisierung vermeiden und stattdessen Unsicherheiten aller Beteiligten beseitigen und das Verständnis sowie die Bereitschaft zur Unterstützung fördern. Wie gut oder schlecht den anderen Kindern die Angelegenheit vermittelt wird, kann deren Verhalten enorm beeinflussen und beispielsweise darüber entscheiden, ob das Kind mit Diabetes Typ 1 freundlich behandelt oder aber gemobbt wird…

Folgende Punkte sind den Kita-, Kindergarten- und SchulkameradInnen gegenüber zu betonen:

  • “Diabetes Typ 1 ist nicht ansteckend.”

  • “Das betroffene Kind kann nichts dafür, dass es diese Erkrankung hat. Typ 1 Diabetes entsteht nicht durch eine ungesunde Ernährung und muss anders behandelt werden als Typ 2 Diabetes.” Das auch Typ 2 Diabetes nicht ausschließlich durch falsche Ernährung entsteht, ist an der Stelle wichtig zu betonen. (LINK)

  • “Mit Diabetes Typ 1 darf man alles essen, man muss eben Insulin dafür abgeben. Ob und wie viel, entscheiden die Eltern individuell.”

  • “Bemerkt ihr, dass das betroffene Kind zittert, schwitzt, blass ist oder ungewohnt zerstreut wirkt, sagt bitte sofort den ErzieherInnen oder LehrerInnen Bescheid, damit diese helfen können.”

Umgang der ErzieherInnen und Lehrkräfte mit dem betroffenen Kind

Neben den KameradInnen gilt es auch die ErzieherInnen und Lehrkräfte präzise zu briefen. Hier die wesentlichsten Informationen, die vermittelt werden sollten, im Überblick:

Allgemein:

  • Diabetes Typ 1 ist nicht ansteckend.

  • Das Kind mit Typ 1 Diabetes ist genauso leistungsfähig und belastbar wie die anderen Kids. Es muss und soll nicht geschont werden.

  • Isst das betroffene Kind zu wenig oder strengt sich sehr an – beispielsweise im Sportunterricht – besteht das Risiko einer Unterzuckerung. Ist diese Unterzuckerung sehr stark, kann das Kind bewusstlos werden.

  • Das Kind mit Diabetes Typ 1 kann uneingeschränkt am Sportunterricht teilnehmen, sollte davor jedoch stets zusätzlich etwas essen, um einer Unterzuckerung vorzubeugen. Im Zweifelsfall besser das Kind fragen, ob es genug gegessen hat.

Absolut notwendig:

  • Das betroffene Kind muss regelmäßig seinen Blutzucker messen und die Mahlzeiten bzw. Hypo-Helfer (Gummibärchen, Traubenzucker, etc.), die es von zu Hause mitbringt, essen dürfen. All das sollte ihm ausnahmslos immer erlaubt sein, ob im Klassenzimmer oder beim Sportunterricht – ohne, dass es den Raum verlassen muss!

  • Anzeichen einer Unterzuckerung erkennen: Das Kind kann sich schlechter konzentrieren, wird ruhiger oder aggressiv, hat schwitzige Hände, schaut einen nicht klar an und/oder wird schläfrig/müde. 

  • Bei Anzeichen einer Unterzuckerung benötigt das Kind mit Typ 1 Diabetes schnelle Kohlenhydrate, beispielsweise Fruchtsaft, Traubenzucker oder Gummibärchen. Solche Snacks sollten im Schulranzen oder dem BetreuerInnenzimmer vorrätig und leicht zugänglich sein.

  • Wird das betroffene Kind bewusstlos, ist der Notarzt oder die Notärztin zu rufen. Wichtige Informationen für ihn oder sie: Kind mit Diabetes Typ 1. Schwere Unterzuckerung.

  • Die Eltern sollten stets umgehend informiert werden, wenn das Kind Symptome einer Unterzuckerung oder auch Überzuckerung oder Ketoazidose zeigt. Für diese Fälle ist es wichtig, deren Telefonnummer im Smartphone abzuspeichern. Auch die Nummern des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin sowie des nächstgelegenen Krankenhauses sind bedeutsam.

  • Eine Ketoazidose erkennt man daran, dass das Kind müde/träge ist, viel trinkt und häufig zur Toilette geht, schwitzt und einen süßlich-sauren Atem (erinnert an Nagellackentferner) hat. Bei Übelkeit/Erbrechen umgehend den Notruf wählen!

Optional:

  • Das Kind mit Diabetes Typ 1 sollte nur die selbst mitgebrachte Nahrung konsumieren, also beispielsweise nicht mit anderen Kindern tauschen.

  • Hat das Kind mit Typ 1 Diabetes doch einmal etwas von anderen Kindern gegessen, ist das in der Regel nicht weiter schlimm. Allerdings sollten in einem solchen Fall die Eltern informiert werden, damit sie die Insulindosis anpassen können. Achtung: NICHT mit dem Kind schimpfen, ansonsten verheimlicht es in Zukunft vielleicht, etwas “Fremdes” verzehrt zu haben, was potenziell gefährlich werden kann. 

  • Durch das Unterzuckerungsrisiko darf das betroffene Kind – vor allem im Kita- und Kindergarten- sowie im jungen Schulalter – nur in Absprache mit den Eltern alleine nach Hause gehen. Es sollte aber besser von einem erwachsenen Menschen abgeholt werden.

Begleitung für das Kind im Kita-, Kindergarten- oder Schulalltag

Benötigst du Entlastung, während dein Kind in der Kita, im Kindergarten oder in der Schule ist, beispielsweise weil du alleinerziehend und berufstätig bist? Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, deinem Nachwuchs im Kita-, Kindergarten- oder Schulalltag eine qualifizierte Person zur Seite zu stellen. Dies kann beispielsweise ein ambulanter Pflegedienst sein, für den der Diabetologe oder die Diabetologin eine Verordnung ausstellt und dessen Kosten die Krankenkasse übernimmt, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Infrage kommt eventuell auch eine sogenannte Eingliederungs- oder Integrationshilfe. Besprich dich mit eurem Diabetes-Team, bevor du einen Antrag stellst. Die Kosten trägt in der Regel wiederum die Krankenkasse.

Klassenarbeiten und mündliche Prüfungen

Für Klassenarbeiten und mündliche Prüfungen kannst du bei der Schulleitung oder direkt beim Kultusministerium einen sogenannten Nachteilsausgleich beantragen. Dieser verschafft deinem Kind eine längere Bearbeitungszeit, wenn es während der Prüfung zu einer Unterzuckerung kommt, die es behandeln muss, was einen wesentlichen Zeitnachteil zur Folge haben könnte. Dein Liebling sollte es der Aufsichtsperson umgehend melden, wenn es eine Unterzuckerung bemerkt.

Schulpausen

In den Schulpausen muss dein Kind sicherlich meist Blutzucker messen und ggf. Insulin spritzen – vor allem, wenn es etwas isst. Mit einem hybriden Closed-Loop-System dauert das zum Glück nicht lange, sodass der Nachwuchs den Großteil der Zeit mit seinen KameradInnen verbringen kann. Vorsicht: Wenn in den Pausen viel getobt wird, gilt es das unbedingt in die Insulindosierung einzubeziehen beziehungsweise durch zusätzliche Kohlenhydrate auszugleichen. Diesbezüglich solltet ihr Eltern euch gut mit eurem Kind und den LehrerInnen absprechen, damit keine Probleme entstehen – Stichwort Unterzuckerungsprävention. Wertvolle Tipps und Wissen findest du dazu in unserer Online-Schulung zum Thema Diabetes und Sport.

Sportunterricht und Sportverein

Dein Kind kann auch mit Diabetes Typ 1 ganz normal am Sportunterricht teilnehmen oder bei einem Sportverein mitmachen. Wichtig ist nur, den Blutzucker im Blick zu behalten und auf die Auswirkungen durch die sportliche Betätigung angemessen zu reagieren. Konkret bedeutet das: Vor dem Sportunterricht, Training oder Spiel den Blutzucker messen und je nach Ergebnis richtig handeln:

  • Unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l): Das Kind sollte noch einen kleinen Snack mit schnellen Kohlenhydraten konsumieren, z.B. einen Müsliriegel oder eine Banane.

  • Zwischen 140 und 160 mg/dl (7,8 bis 8,9 mmol/l): Es kann gleich losgehen. Vor dem Schwimmen sollte der Blutzuckerwert höher liegen, bei etwa 200 mg/dl (11,1 mmol/l).

  • Über 250 mg/dl (13,9 mmol/l): Das Kind darf keinesfalls Sport treiben. Stattdessen sollte es oder die Lehrkraft bzw. der Trainer oder die Trainerin dich umgehend informieren.

(Quelle)

Oft ist es sinnvoll, die Insulinzufuhr vor der Sporteinheit zu reduzieren, weil die Muskeln stärker auf das vorhandene Insulin ansprechen. Wie sehr das Insulin gedrosselt werden sollte, hängt von verschiedenen individuellen Faktoren ab, beispielsweise dem aktuellen Blutzucker, der Sportart sowie der Bewegungsdauer und -intensität. Hier hilft nur ausprobieren, alles Wesentliche aufschreiben, auswerten und lernen. Außerdem ist es gut, bei Unsicherheiten immer wieder das Diabetes-Team zu Rate zu ziehen. Gerade bei Ausdauersport sollte auch zwischendurch mal ein Blick auf den Blutzuckerspiegel geworfen werden. Für den Fall einer Unterzuckerung müssen wiederum Hypo-Snacks schnell griffbereit sein. Prinzipiell ist wichtig, dass das Kind ausreichend trinkt. Und: Behaltet den Blutzucker auch nach dem Sport noch einige Stunden genauestens im Auge, denn wenn die während der Bewegung “geleerten” Glukosespeicher in den Muskeln und in der Leber wieder aufgefüllt werden, kann der Blutzucker stark sinken. In unserem Artikel zu Sport mit Diabetes Typ 1 erfährst du mehr zur Unterzuckerungsgefahr beim Sport.

Kindergeburtstage

Für einen bewegungsintensiven Kindergeburtstag gilt im Prinzip das Gleiche, was wir oben in Bezug auf den Sportunterricht und den Sportverein erklärt haben. Zusätzlich gilt es auf die (ungewohnte) Ernährung zu achten, denn selbstverständlich möchte dein Kind auch ein, zwei Stück vom Geburtstagskuchen genießen. Wenn ihr den Kuchen zum Geburtstag eures Lieblings selber backt, könnt ihr die Zutaten passend auswählen und seid hinsichtlich der Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinmengen genau im Bilde. Ist dein Kind zum Geburtstag eines anderen Kindes eingeladen, solltest du dich mit dessen Eltern besprechen. Biete an, den Kuchen zu backen, bitte sie, dein Rezept zu nutzen, oder frag einfach nach, welche Zutaten sie verwenden, damit du die Insulindosis darauf abstimmen kannst. All das lässt sich auch auf andere Leckereien übertragen, die beim Kindergeburtstag angeboten werden. Damit dein Kind nicht zu viel Süßes beziehungsweise Ungesundes isst, empfiehlt es sich, bei Schnitzeljagden oder anderen Spielen alternative Preise zu verteilen, etwa Flummis oder sonstige kleine Spielsachen. Fest steht jedenfalls: Mit einer guten Vorbereitung und Absprache können auch Kinder mit Diabetes Typ 1 ausgelassen feiern. Wie immer sind regelmäßiges Blutzucker messen und die Anpassung des Insulins am wichtigsten.

Schulausflüge und Klassenfahrten

Diabetes Typ 1 hindert dein Kind nicht daran, Schulausflüge und Klassenfahrten genauso mitzumachen wie seine MitschülerInnen. Nur sind eben wieder ein paar Dinge zu beachten. Der Blutzucker muss gut eingestellt sein. Zudem gehört eine umfassende Diabetes-Ausrüstung ins Gepäck: Insulinpumpe und/oder Insulinpens, Insulin, CGM-System oder klassisches Blutzuckermessgerät, eventuell das Smartphone mit der App für das AID-System, Hypo-Snacks für unterwegs, ein Diabetes-Ausweis oder eine “SOS-Kapsel” mit persönlichen Angaben (Info zum Typ 1 Diabetes, Telefonnummern der Eltern und behandelnden Ärzte und Ärztinnen…) et cetera. Du solltest die verantwortliche Lehrkraft zum genauen Programm für jeden Tag befragen, damit die Insulintherapie entsprechend geplant und angepasst werden kann.

Sofern dein Kind schon etwas älter und sehr gut mit dem Diabetes-Management vertraut ist, kann es eventuell ohne spezielle Aufsichtsperson am Schulausflug oder der Klassenfahrt teilnehmen. Fehlt ihm noch das nötige Know-how und das Verantwortungsbewusstsein für die selbständige Blutzuckerkontrolle, sollte hingegen jemand mitkommen, der sich darum kümmert. Das kann ein Elternteil oder eine externe, gut geschulte Person sein. Häufig trägt die Krankenkasse zumindest einen Teil der Kosten für die Begleitung. Doch wie wir weiter oben schon sagten: Besprich dich vorab mit dem Diabetes-Team, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass dein Antrag ohne großen Kampf angenommen wird.

Was tun, wenn das betroffene Kind…


… mit Ablehnung auf die Diabetes-Therapie reagiert?

… sich für seinen Diabetes schämt?

… wegen seines Diabetes’ gemobbt wird?

In diesen und anderen psychologisch anspruchsvollen Situationen solltet zunächst ihr Eltern versuchen, in Ruhe mit eurem Kind zu reden. Ermutigt es, über das jeweilige Problem zu sprechen und seine Gefühle mitzuteilen. Hört in erster Linie zu und begegnet ihm verständnisvoll. Ihr solltet euren Liebling keinesfalls unter Druck setzen, sondern Geduld walten lassen und gemeinsam mit ihm die richtige Lösung finden.

Akzeptanz kommt nicht auf Knopfdruck. Sie ist ein Prozess, der wie eine wilde Achterbahnfahrt mit Höhen und Tiefen einhergeht. Zudem kann sie sich abhängig von Alter und Lebensphase mal verbessern, mal verschlechtern. Je älter dein Kind wird, desto mehr sollte es in der Lage sein (dürfen), einen eigenen Weg damit zu finden. Unterstütze es in seiner Selbständigkeit und in seinen Kompetenzen, den Blutzucker eigenverantwortlich zu steuern. Gib einen sinnvollen Rahmen vor, in dem es eigenständig handeln kann und darf. Hilf ihm, besser zu werden und die Motivation für gute Blutzuckerwerte und ein dafür erforderliches gutes Blutzuckermanagement zu entdecken. Diese intrinsische Motivation ist viel stärker, als der von außen erzeugte “Leistungsdruck”, dass man sich um seinen Blutzucker kümmern muss.

Falls das keine Besserung bringt, bieten beispielsweise die Online-Sprechstunden Diabetes und Psychologie von diabetes-kids.de kostenlose Hilfe. Allerdings ist der Andrang auf die Events sehr groß. Wenn ihr nicht warten wollt oder könnt, gibt es etwa das Diabetes-Kids-Forum. Dort habt ihr die Möglichkeit, euch mit anderen Eltern auszutauschen. Darüber hinaus könnt ihr an einer Selbsthilfegruppe teilnehmen oder euch an euer Diabetes-Team wenden. Zu allerletzt erhaltet ihr auch psychologische Hilfe in einigen Diabetes-Schwerpunktpraxen oder DDG-Exzellenzzentren – eine Übersicht findet ihr direkt auf der Seite der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Abschließend möchten wir noch einmal bekräftigen, dass mit Diabetes Typ 1 alles möglich ist, solange man weiß beziehungsweise abschätzen kann, wie sich bestimmte Aktivitäten oder Lebensmittel auf den Blutzucker auswirken. Dieses Wissen gilt es praktisch auszutesten, um Erfahrungen zu sammeln und die eigenen Fähigkeiten im Diabetesmanagement (sowie die des betroffenen Kindes) kontinuierlich zu schulen und zu verbessern. Dann gibt es keine Grenzen mehr, wie OlympiasiegerInnen, WeltmeisterInnen und Menschen mit Diabetes eindrucksvoll zeigen.

Weitere Artikel