Leben mit Typ 1 Diabetes

Menschen sitzen auf einer Wiese am Fluss

Das Leben mit Diabetes Typ 1 ist herausfordernd, keine Frage. Doch Herausforderungen geben uns die Chance, als Mensch zu wachsen und stärker zu werden. Diese Einstellung hilft dir, die Diagnose zu verarbeiten und anzunehmen. Betrachte den Diabetes als deinen neuen Weggefährten. Er wird nun dauerhaft bei dir sein, also kümmere dich um ihn, so gut du kannst. Wenn du ihn vernünftig behandelst, lässt er dich weitgehend genau so leben, wie du es willst.

In diesem Beitrag erfährst du, wie Diabetes Typ 1 deinen Alltag beeinflusst. Wir gehen darauf ein, was in typischen Situationen - etwa beim Essen, Autofahren und Sport - zu beachten ist und wie du am besten mit sozialen und psychischen Belastungen umgehst.

Was die Diagnose Diabetes Typ 1 grundsätzlich für dein Leben bedeutet

Wenn du die Diagnose Diabetes Typ 1 erhalten hast, musst du fortan dein Leben lang deinen Blutzucker überwachen und regulieren. Konkret bedeutet das:

  • täglich den Blutzuckerverlauf verfolgen / messen

  • täglich eine Grunddosis Insulin spritzen (Basalinsulin)

  • vor jeder Mahlzeit die Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinmengen (als Kohlenhydrat- bzw. Fett-Protein-Einheiten - KE bzw. FPE) abschätzen und zum Ausgleich eine entsprechende Insulindosis spritzen (Bolusinsulin)

  • sämtliche Einflussfaktoren auf den Blutzucker beobachten und ggf. regulieren

Anfangs kann es sowohl organisatorisch als auch emotional schwierig sein, all das in den Alltag zu integrieren. Aber mit der Übung klappt es immer besser und schon bald gehören diese Maßnahmen “einfach” dazu, fast wie das Zähneputzen. Du wirst nach und nach routinierter. Deshalb hat es schon seine Vorteile, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist. 

In den ersten Wochen nach der Diagnose geht es in erster Linie darum, dass du die richtige Diabetes-Technik für dich findest: Pen oder Pumpe? Mit oder ohne CGM-System? Diesbezüglich gibt es kein allgemeingültiges Besser und Schlechter – entscheidend ist, womit du am besten zurechtkommst.

Das ist die “praktische”, vornehmlich rationale Seite. Auch psychisch kann die Diagnose dein Leben verändern. Anfangs bist du vielleicht traurig, wütend oder beides, fragst dich und das Schicksal, warum es ausgerechnet dich treffen musste.

Doch mit der Zeit kann sich das sogar ins Gegenteil umkehren. Du bist dann umso dankbarer für jeden Tag, an dem es dir gut geht. Du nimmst das Schöne im Leben bewusster und intensiver wahr, als du es vor der Diagnose getan hast. Du wirst ein stärkerer Mensch. Und das wiederum verleiht dir Kraft, Schwierigkeiten – egal welcher Natur – besser durchzustehen.

Es wird Tage geben, an denen du dich schlechter fühlst, und dann auch wieder solche, an denen du das Gefühl hast, Bäume ausreißen zu können. Derartige Schwankungen sind ganz normal. Aber Fakt ist: Wenn du richtig eingestellt bist, die Blutzuckerregulation im Griff hast und gut auf dich achtest, kannst du auch mit Diabetes Typ 1 dein gewünschtes Leben leben. Unser Gründer Ivo zeigt auf unserem Instagram Kanal, dass er mit Diabetes alles machen kann: eine Alpenüberquerung, Weltreisen, Sport oder reichhaltiges Essen.

Umgang mit Diabetes Typ 1 in konkreten Alltagssituationen

Diabetes Typ 1 wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Ob beim Essen zu Hause oder auswärts, in der Ausbildung und im Beruf, beim Autofahren und generell im Straßenverkehr, beim Sport oder auf Reisen: Auch wenn du mit Typ 1 Diabetes bei einem gut eingestellten Blutzucker ein weitgehend normales Leben führen kannst, musst du immer ein paar Dinge beachten. 

Essen

Um das gleich klarzustellen: Menschen mit Diabetes Typ 1 benötigen keine spezielle Diät oder spezifische Lebensmittel. Du kannst also prinzipiell essen, was du willst – wenngleich du deinem Körper mit einer vollwertigen Mischkost aus viel Gemüse, Ballaststoffen sowie gesunden Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen definitiv einen großen Gefallen tust. Aber das gilt für alle Menschen, ob mit oder ohne Typ 1 Diabetes. Dennoch sollten Betroffene der Ernährung besonderes Augenmerk schenken. 

Wie weiter oben schon erwähnt, ist an jede einzelne Mahlzeit eine Insulingabe gekoppelt. Du überlegst dir, worauf du Appetit hast, und schätzt anhand der verwendeten beziehungsweise enthaltenen Zutaten die KE (Kohlenhydrateinheiten) und FPE (Fett-Protein-Einheiten) ab. Zudem misst du deinen Blutzucker. Anschließend passt du die Insulindosis entsprechend an. Dabei musst du auch einbeziehen, wie du den Tag weiter verbringen wirst (viel Bewegung, wenig Bewegung etc.).

Wir raten dir, dich ausführlich damit zu befassen, wie verschiedene Energiequellen auf den Blutzucker wirken. So lernst du, welche Lebensmittel deinen Blutzuckerspiegel stärker beeinflussen und welche dahingehend kaum eine Rolle spielen. Dies wiederum hilft dir, ausgewogene Mahlzeiten zu planen. Außerdem erleichtert dir dein Wissen und die Erfahrung das Abschätzen oder Wiegen der einzelnen Nährstoffmengen und damit die Berechnung der erforderlichen Insulindosis.

Beachte: Der Blutzucker eines Menschen mit Diabetes Typ 1 liebt Planung, Routinen und möglichst wenig Spontanität. Alle drei Faktoren geben dir Sicherheit bei deinem Diabetes-Management. Beispielsweise helfen regelmäßige Essenszeiten und generell ein gleichbleibender Rhythmus mit wiederkehrenden, ähnlichen Gerichten, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren und unerklärliche Schwankungen zu vermeiden. Ob, welche und wie viele Routinen du in deinen Alltag integrierst oder wie spontan du leben möchtest, bleibt dir überlassen. Auch mit Diabetes lässt es sich hervorragend sehr spontan leben – allerdings mit anderen Anforderungen und Herausforderungen beim Blutzucker-Management.

Ausbildung und Beruf

Dank moderner Behandlungsmethoden hast du als Mensch mit Diabetes Typ 1 im Großen und Ganzen freie Berufswahl. Bestimmte Tätigkeiten sind für insulinpflichtige Menschen mit besonders hohen Anforderungen an die Blutzuckerwerte und den Therapieerfolg verbunden:

  • Arbeiten mit Absturzgefahr (z.B. Industrieklettern)

  • Personenbeförderung (z.B. PilotIn, Bus-/Straßenbahn-/TaxifahrerIn)

  • Überwachungs-/Aufsichtsfunktion mit alleiniger Verantwortung (z.B. Notarzt/-ärztin)

  • Waffengebrauch (z.B. Militär, Polizei)

  • Arbeiten im Überdruck (z.B. Berufstauchen)

Der Grund für diese Einschränkungen ist das erhöhte Unterzuckerungsrisiko bei Menschen mit Diabetes Typ 1. Eine schwere Unterzuckerung kann dich selbst und andere Personen gefährden. In den aufgelisteten Berufsfeldern gilt das ganz besonders.

In Deutschland bist du nicht verpflichtet, (potentielle) ArbeitgeberInnen über deinen Diabetes zu informieren. Dies gilt nur, wenn die Erkrankung die Ausübung deines Jobs konkret beeinflusst. Dies trifft letztlich auf viele Tätigkeiten zu, ist aber meist abhängig davon, wie gut deine Blutzuckerwerte sind. Je besser die Time-in-Range und der HbA1c, desto eher musst du (potenziellen) ArbeitgeberInnen nicht davon erzählen.

Grundsätzlich raten wir dir aber, Vorgesetzten und KollegInnen offen von deinem Typ 1 Diabetes zu erzählen. Auf diese Weise beugst du Missverständnissen und Konflikten vor, wenn dich beispielsweise jemand auf der Arbeit beim Blutzucker messen oder Insulin spritzen sieht. Außerdem hilft es dir, wenn dein Kollegium von deinem Diabetes weiß und du bspw. eine kurze Pause brauchst, um eine Unterzuckerung zu behandeln.

Krampfhaftes Verheimlichen ist ohnehin selten eine gute Idee. Oft führt es nur zu psychischem Stress, der sich wiederum körperlich negativ auswirken kann. Sorge also besser von Anfang an für Klarheit. Das befreit und ist elementar, dass du dich im Job wohlfühlst.

Erfahre hier, warum es sinnvoll sein kann, deinen Diabetes am Arbeitsplatz offenzulegen – und welche Vorteile das für dich haben kann

Straßenverkehr

Menschen mit Diabetes Typ 1 müssen weder der Polizei, noch der Führerscheinstelle etwas von ihrem Diabetes erzählen – möglicherweise kann das sogar zum Nachteil werden. Für den Auto-, Motorrad-, oder LKW-Führerschein besteht keine Meldepflicht, wenn die Eignung zum Führen eines Fahrzeugs nicht durch den Diabetes beeinflusst ist. Bei Personenbeförderung, bspw. als Taxi- oder BusfahrerIn sieht das schon anders aus. Dann muss man bei der zuständigen Behörde ein ärztliches Zeugnis vorlegen, das die Fahrtauglichkeit bestätigt. Wie bei bestimmten Berufen ist der Grund dafür auch hier das Risiko einer starken Unterzuckerung. Eine solche kann die Betroffenen selbst und andere TeilnehmerInnen am Straßenverkehr gefährden.

Aber: Wenn dein Blutzucker gut eingestellt ist und du genau weißt, was du in kritischen Situationen zu tun hast beziehungsweise wie du solchen vorbeugst, bekommst du auch zur Personenbeförderung die Erlaubnis, die Führerscheinprüfung zu absolvieren. Die Entscheidung obliegt jedoch der Behörde. Mittlerweile gibt es sogar Menschen mit Diabetes Typ 1, die als Piloten arbeiten.

Bewegung und Sport

Mit Sport kannst du deinen Blutzucker positiv beeinflussen. Körperliche Aktivität senkt den Blutzucker in der Regel (es gibt je nach Sportart auch Ausnahmen) und verbessert die Insulinempfindlichkeit. Somit hilft dir regelmäßige Bewegung dabei, deinen Blutzucker zu regulieren. Außerdem trainierst du dadurch dein Herz-Kreislauf-System und beugst Durchblutungsstörungen vor. Des Weiteren wirkt sich Sport bei Diabetes positiv auf deine Psyche aus.

Zwar empfehlen sich für Menschen mit Diabetes Typ 1 vorrangig Ausdauersportarten, allerdings kannst du genauso Kraftsport betreiben, wenn du möchtest. Von Extremsportarten wird oft abgeraten, doch aus eigener Erfahrung wissen wir: Auch Tauchen, Gleitschirmfliegen und andere Adrenalinkicks sind absolut möglich, wenn du dich gut vorbereitest und mit der nötigen Vorsicht an die Sache herangehst. 

Denk daran, dass die körperliche Aktivität deinen Blutzucker üblicherweise senkt. Um eine Unterzuckerung zu vermeiden, kannst du an Sporttagen die Insulindosis anpassen oder mehr Kohlenhydrate zu dir nehmen.

Unabhängig davon, ob du zu Hause, im Fitnessstudio oder in der Natur Sport machst, solltest du immer folgende Utensilien bei dir haben:

  • Gewebesensor oder Blutzuckermessgerät und Teststreifen

  • Snacks mit (schnell wirksamen) Kohlenhydraten: z.B. Traubenzucker, Bananen, Riegel, isotonische Getränke

  • Glukagon als Spray oder Spritze (Glukagon ist der Gegenspieler des Insulins. Es regt die Freisetzung von Glukose aus der Leber an und hilft bei einer starken Unterzuckerung.)

  • ausreichend Insulin

  • optional einen Diabetes-Hinweis (Ausweis, Halskette, Armband, Tattoo, etc.)

Auf unserer Wissensplattform findest du viele Beiträge über Sport mit Diabetes Typ 1. Darüber hinaus laden wir dich ein, unseren Online-Kurs zum Thema “Diabetes und Sport” anzuschauen. Registriere dich kostenlos bei uns, um Zugang zu allen Lernmaterialien zu erhalten!

Wertvolles Erfahrungswissen

Werde sicherer in der Vermeidung von Unterzuckerungen

Reisen

Mit einem gut eingestellten Diabetes Typ 1 kannst du die ganze Welt erkunden. Plane deine Reisen gründlich und umfassend. Andere Zeit- und Klimazonen, ungewohnte Speisen und generell ein veränderter Tagesrhythmus können den Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht bringen. Doch keine Sorge: Wenn du dich medizinisch und logistisch gut vorbereitest, steht genussreichen Abenteuern nichts im Weg.

Viele Menschen sind im Urlaub körperlich aktiver als im Alltag. Trifft das auch auf dich zu, musst du deine Insulindosis gegebenenfalls anpassen. Überhaupt gilt es je nach Art der Reise verschiedene Dinge zu beachten. Beispielsweise können Klimaveränderung, Hitze und Sonnenbäder am Strand die Insulinwirkung verändern. Solche Details solltest du berücksichtigen, um Notfallsituationen wie eine Unter- oder Überzuckerung zu vermeiden.

Ganz besonders wichtig ist, sorgsam zu packen. Du benötigst eine umfangreiche medizinische Ausstattung und musst sicherstellen, dass deine Insuline und sonstigen Medikamente unterwegs weder überhitzen, noch erfrieren. Bei Flugreisen gibt es zusätzliche Vorschriften zum Transport von Flüssigkeiten. Lies dich vorher ein, wie du mit Diabetes Typ 1 sicher durch die Flughafenkontrolle kommst.

Was tun bei einer Unter- oder Überzuckerung?

Bei Menschen mit Diabetes Typ 1 kommt es durch Faktoren wie Bewegung oder Sport, Stress, Krankheit, spontane Änderungen des Tagesablaufs, unbekannte Mahlzeiten, uvm. leichter zu einer Unter- oder Überzuckerung als bei Menschen ohne Typ 1 Diabetes. In solchen Fällen gilt es schnell zu handeln.

Unterzuckerung

Bei einer Unterzuckerung, im Fachjargon Hypoglykämie und umgangssprachlich auch Hypo genannt, hast du zu wenig Glukose im Blut. Das kann vor allem bei körperlicher Anstrengung und im Schlaf passieren, aber auch durch eine zu hohe Insulindosierung.

Typische Symptome im Überblick:

  • Heißhunger

  • Zittern

  • Schwitzen

  • Schwindel

  • Sehstörungen

  • Sprachstörungen

  • Entscheidungsschwierigkeiten

  • Krämpfe

  • Bewusstlosigkeit

Um einer Unterzuckerung entgegenzuwirken, benötigst du Kohlenhydrate, die schnell ins Blut gehen: beispielsweise Traubenzucker, Fruchtsaft bzw. Softdrinks (mit Zucker!), eine reife Banane oder Gummibärchen. Am besten hast du immer eine Notfallration an “flotten Zuckern” bei dir, um bei Bedarf sofort reagieren zu können. Kommt es zu einer starken Unterzuckerung, sind Nasensprays und Spritzen mit dem Hormon Glukagon sinnvoll.

Überzuckerung

Bei einer Überzuckerung – auch Hyperglykämie genannt – hast du zu viel Glukose im Blut. Das kann etwa passieren, wenn du mal vergisst, dir Insulin zu spritzen, oder eine zu geringe Dosis wählst. Auch FPEs sind oft ein Grund für Überzuckerungen. Eine moderate Überzuckerung kannst du problemlos selbst mit Insulin korrigieren.

Demgegenüber droht bei starkem Insulinmangel und einem dementsprechend sehr hohen Blutzucker eine diabetische Ketoazidose: Durch den Mangel an Insulin kann der Körper die Glukose nicht aus dem Blut in die Muskel-, Fett- und Leberzellen transportieren, wodurch diesen die dringend benötigte Energie fehlt. Deshalb greift der Organismus auf die Energiereserven aus den Fettzellen zurück. Dabei werden Ketone gebildet. Dies kann zu einer Übersäuerung des Blutes und in der Folge zu Austrocknung sowie Kreislaufversagen und in letzter Konsequenz zum Tod führen.

Anzeichen einer diabetischen Ketoazidose:

  • Bauchschmerzen

  • Übelkeit

  • Erbrechen

  • süßlich riechender Atem (ähnlich wie Nagellackentferner)

  • vertiefte Atmung

Soziale Vorurteile und Herausforderungen meistern

Die meisten Menschen mit Diabetes Typ 1 bekommen gelegentlich zu hören: “Das darfst du aber nicht essen, das enthält doch Zucker!” Wesentlich schlimmer ist es, wenn wir uns mit verächtlichen Blicken oder herablassenden, verletzenden Kommentaren konfrontiert sehen. Das passiert eher, aber nicht ausschließlich, wenn wir in der Öffentlichkeit Insulin spritzen.

Immer wieder werden Betroffene (manchmal im Spaß) als “Junkies” beschimpft oder – mehr oder weniger respektlos – gebeten, sich zum Insulinspritzen doch bitte auf die Toilette zurückzuziehen. Das ist absolut inakzeptabel, kein Mensch mit Diabetes muss oder soll zum Spritzen auf die Toilette, wo die hygienischen Bedingungen nicht ausreichend sind.

Viele Leute, die nicht näher informiert sind, stigmatisieren Menschen mit Diabetes Typ 1 oft als “selber schuld an ihrer Erkrankung” und als “unwillig, diese einfach mal in den Griff zu kriegen”. Manche kommen gar mit dem Vorwurf um die Ecke, Betroffene würden “mit ihrem Zustand die Staatskasse belasten”. 

Wie geht man mit solchen Vorurteilen und Beleidigungen um? Denn Fakt ist: Ohne dicke Haut oder gute Strategie können derartige Vorkommnisse körperlich (zusätzlich…) und psychisch sehr belastend sein, vor allem, wenn sie sich häufen. Zu den möglichen Auswirkungen gehören Schlafstörungen, Migräne, Magen-Darm-Erkrankungen sowie Depressionen.

Am wichtigsten ist, dass du dir keine Selbstvorwürfe machst. Du kannst nichts für deinen Diabetes! Du hast auch nicht zu viele Süßigkeiten gegessen. Es ist nicht deine Schuld, dass du Insulin spritzen musst. Und deshalb gibt es auch keinen Grund, dass du dich dafür schämst.

Versuche nach Möglichkeit, den Leuten ihr Verhalten nicht übel zu nehmen. Sie wissen es offenbar nicht besser. 

Wenn du kannst und möchtest, begegne solchen Äußerungen mit Aufklärung. Erläutere beispielsweise, was “zuckerkrank” wirklich bedeutet, oder was genau du dir mit der Spritze zuführst und warum es notwendig ist. Bemühe dich um Freundlichkeit, auch wenn es manchmal schwer fällt. Der kommentierenden Person wird ihre Aussage im Nachhinein peinlich sein. Manche Menschen wollen es auch nicht genauer wissen, oder behalten ihr Verhalten bei. Dann bemühe dich nicht unnötig und fokussiere dich auf die Menschen in deinem Umfeld, die dir wohlwollend, verständnisvoll und liebevoll begegnen.

Wir Menschen mit Typ 1 Diabetes sollten uns bemühen, den Dialog und das Verständnis zu fördern - wenngleich es traurig ist, dass wir, die schon genug damit zu tun haben, unsere Erkrankung erst einmal selbst zu akzeptieren und in den Alltag zu integrieren, auch noch Sorge tragen müssen, in der Gesellschaft richtig gesehen und behandelt zu werden. Doch Selbstmitleid bringt keinen Fortschritt, also lasst uns stark sein und Aufklärungsarbeit leisten, so gut wir können! 

Wenn wir schon bei sozialen Herausforderungen sind, wollen wir auch die Situation mit Ärzten und Ärztinnen ansprechen. Insbesondere für gesetzlich krankenversicherte Menschen fehlt den MedizinerInnen oftmals die Zeit, die erforderlich wäre, um wirklich tief auf die individuelle Situation einzugehen. Trotz des meist überdurchschnittlich hohen Engagements der Diabetes-Teams fühlen sich viele Menschen mit Diabetes Typ 1 von ärztlicher Seite unzureichend betreut und unterstützt.

Deshalb unser Rat: Lege deine Hoffnung nicht nur auf die “Götter in Weiß”, sondern nimm dein Leben mit Diabetes Typ 1 so weit wie möglich in die eigene Hand. Suche dir Unterstützung, lerne von anderen, tausche dich aus, sei neugierig und finde die passenden Lösungen für dich selbst heraus. Hier findest du mehr Informationen zum Austausch mit anderen Betroffenen und wie du deine Blutzuckerwerte selbst verbessern oder Neues ausprobieren kannst.

Regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen auf mögliche Folgeerkrankungen sind natürlich wichtig. Diese solltest du unbedingt wahrnehmen.

Befasse dich näher mit der Autoimmunerkrankung, den entsprechenden Einflussfaktoren auf deinen Blutzucker und informiere dich über alles Wesentliche rund um Typ 1 Diabetes. Und: Beobachte deinen Körper genau, um ihn besser kennenzulernen. All das hilft dir, potentiell gefährliche Situationen wie eine Unter- oder Überzuckerung rechtzeitig zu erkennen und richtig auf sie zu reagieren.

Darüber hinaus kannst du den Kontakt zu anderen Menschen mit Diabetes Typ 1 suchen, ob im privaten (Selbsthilfegruppen, Social Media, Foren, etc.) oder im professionellen Rahmen (Mentoring/Coaching). Betroffene verstehen nun einmal am besten, wie es dir geht und was du durchmachst. Deshalb kann es wohltuend sein, sich hin und wieder untereinander auszutauschen.

Psychischen Stress und Depressionen überwinden

Das Leben mit Diabetes Typ 1 erfordert eine hohe Eigenverantwortung. Wir müssen ausnahmslos jeden Tag extrem diszipliniert sein, um unseren Blutzucker zu regulieren und unseren Körper nicht unnötig zu stressen.

Stressen - ein gutes Stichwort. Denn das stetige Bemühen, physischen Stress zu vermeiden, führt nicht selten zu psychischem Stress. Manchmal gibt es Situationen, in denen wir unsere Disziplin über Bord werfen und etwas Unvernünftiges tun, was uns unser Körper in der Regel zeitnah spüren lässt. Nicht selten fühlen wir uns dann schuldig oder wie wenn wir versagt hätten.

Natürlich sind wir keine VersagerInnen, wenn wir ab und zu mal spontan etwas unternehmen und dabei vielleicht vergessen, den Insulinpen einzupacken. Oder wenn wir uns beim Sport übermäßig auspowern, um den Frust über eine schlechte Nachricht oder eine andere Aufregung abzubauen, und danach mit Unterzuckerungen zu kämpfen haben.

Das Leben ist nun einmal keine Einbahnstraße, und wir Menschen mit Diabetes machen Fehler wie alle anderen, nur dass sie uns mitunter leider teurer zu stehen kommen, sodass wir uns oft mehr Vorwürfe machen.

Und dann ist da noch die Angst vor Komplikationen und Folgeschäden durch Diabetes Typ 1. Manche spüren sie häufiger, andere seltener, manche stärker, andere schwächer. Doch jeder und jede Betroffene kennt sie.

In einem ersten Schritt kann es schon gut sein, wenn du dich einer Selbsthilfegruppe anschließt, um dich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Erfahre, was eine (gute) Selbsthilfegruppe auszeichnet, wo du diabetesspezifische Gruppen findest und wann ein 1:1-Mentoring die bessere Option ist.

6 Tipps für eine hohe Lebensqualität mit Diabetes Typ 1

1. Nutze die am besten zu deinem Alltag passende Diabetes-Technik!

Als Mensch mit Diabetes Typ 1 musst du tagtäglich Blutzucker messen und Insulin spritzen. Um diese Notwendigkeit so geschmeidig wie möglich in deinen Alltag zu integrieren, solltest du die Diabetes-Technik sorgfältig auswählen.

Teste nach Möglichkeit alle Varianten über einen längeren Zeitraum hinweg. Nur so findest du zuverlässig heraus, ob die Pen- oder Pumpentherapie besser zu dir passt, und ob du zur Blutzuckerüberwachung ein CGM-System nutzen willst oder nicht. Tausche dich mit anderen Betroffenen aus und profitiere von ihren Erfahrungen.

2. Ernähre dich gesund!

Bunt zu essen, tut deinem gesamten Körper gut und macht Spaß. Betrachte es so und nicht als eine Pflicht. Ernähre dich vorrangig mit unverarbeiteten und ballaststoffreichen Lebensmitteln und verzichte auf (zu viel) Fast Food, Haushaltszucker und Alkohol.

Auf diese Weise hältst du neben deinem Blutzucker auch dein Gewicht stabil. Darüber hinaus fühlst du dich schlicht vitaler, wenn du deinen Speiseplan ausgewogen gestaltest und viele Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe etc.) zu dir nimmst.

3. Treibe regelmäßig Sport!

Bewegung ist so etwas wie ein natürliches Antidepressivum. Insbesondere bei Ausdauersport schüttet dein Körper Endorphine aus, die sogenannten Glückshormone (die eigentlich keine Hormone sind), während die Stresshormone Kortisol und Adrenalin abgebaut werden.

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4. Erlaube dir, auch mal unvernünftig zu sein!

Seien wir ehrlich: Ein wenig Unvernunft hier und da gehört zu einem schönen, erfüllenden Leben einfach dazu. Das kann je nach individuellen Vorlieben beispielsweise ein vermeintlich ungesundes Essen oder auch eine wilde Achterbahnfahrt im Vergnügungspark sein.

Wichtig ist nur, dass du nicht völlig kopflos agierst, sondern deinen Blutzucker im Auge behältst und bei Bedarf auf ihn reagierst. Solange du gedankenvoll handelst, kannst du dir guten Gewissens manchmal auch eine kleine Sünde gestatten.

5. Tausche dich mit anderen Betroffenen aus!

So sehr sie sich auch bemühen: Menschen, die nicht selbst betroffen sind, können sich nur schwer vorstellen, wie es wirklich ist, mit Diabetes Typ 1 zu leben. Missverständnisse, Verletzungen und ein Gefühl der Einsamkeit sind oft typische Folgen.

Um dem vorzubeugen, raten wir dir, bewusst den Kontakt zu anderen Menschen mit Typ 1 Diabetes zu suchen. Sie verstehen dich und können dir gegebenenfalls helfen, besser mit bestimmten Herausforderungen des Alltags umzugehen.

6. Führe ein Diabetes-Tagebuch!

Insbesondere in den ersten Wochen und Monaten nach der Diagnose ist es sinnvoll, ein Diabetes-Tagebuch zu führen. Halte jeden Tag fest, wie viel Insulin du spritzt, was du isst, welchen Sport du treibst und wie du dich fühlst. Auch gemessene Gewebe-/Blutzuckerwerte sind relevant.

So bleibst du stets im Bilde über deine Gewohnheiten und deren Auswirkungen. Außerdem kannst du bei auftretenden Schwankungen besser nachvollziehen, woher sie kommen. Und auch für die optimalen Therapiemaßnahmen und Entscheidungen in Zukunft kannst du aus den Verläufen am besten lernen. Demnach hilft dir ein Diabetes-Tagebuch, Krisen schneller und zuverlässiger zu überwinden.

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