Therapie bei Diabetes Typ 1: Alles, was du wissen musst

Ärztin bespricht Gesundheitswerte mit Patienten

Die Therapie bei Diabetes Typ 1 umfasst viele verschiedene Aspekte. Dazu gehören in erster Linie Notwendigkeiten wie regelmäßige Blutzuckermessungen und Insulingaben. Doch auch andere Punkte verdienen es, beachtet zu werden. So hast du etwa die Chance, die Wirkung der unverzichtbaren Maßnahmen wie Insulin spritzen durch einen unterstützenden Lebensstil zu verbessern.

In diesem Beitrag befassen wir uns mit allen wichtigen Fragen rund um die Behandlung von Typ 1 Diabetes. Wir beantworten, ob Typ 1 Diabetes heilbar ist, gehen auf Diabetes-Technik ein und wagen hier und da auch einen kleinen Blick in die Zukunft. Wenn du dich detailliert über die Therapie von Diabetes Typ 1 informieren willst, bist du also goldrichtig.

Ist Diabetes Typ 1 heilbar?

Wir machen es kurz: Diabetes Typ 1 ist bislang nicht heilbar. Allerdings gibt es inzwischen mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Sowohl die Technik als auch die Insuline wurden in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. In Zukunft sind diesbezüglich sogar noch größere Meilensteine zu erwarten. Ob und wann ForscherInnen Mittel und Wege finden werden, Diabetes Typ 1 zu heilen, lässt sich jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht voraussagen. Die rasante technologische Entwicklung der vergangenen 10 bis 20 Jahre lässt uns, was beispielsweise Verbesserungen in der Therapie durch Smarte Insuline, verbesserte AID-Algorithmen oder neue Sensortechnologie betrifft, sehr optimistisch in die Zukunft blicken.

Grundlegendes zur Therapie von Diabetes Typ 1

Die Therapie von Diabetes Typ 1 umfasst im Wesentlichen zwei Teile:

  • das regelmäßige Messen des Blut- bzw. Gewebezuckers

  • das regelmäßige Zuführen von Insulin

Auf diese Weise kannst du als Mensch mit Typ 1 Diabetes deinen Blutzucker regulieren.

Wie viel Insulin du dir jeweils zuführen musst, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es gibt einen Grundbedarf an Insulin, den jeder Mensch benötigt, unabhängig ob er/sie etwas isst. Das Insulin funktioniert als Logistiker und transportiert die benötigte Energie in die Zellen. Diesen Grundbedarf deckt man mit dem Basalinsulin. Eine weitere Rolle für ein erfolgreiches Blutzuckermanagement spielen die Mahlzeiten. Über sie nimmt dein Körper Glukose auf, die er anschließend mithilfe von Insulin aus dem Blut in die Muskel-, Fett- und Leberzellen transportiert.

Je nachdem, wie viele Kohlenhydrate, Fette und Proteine deine Mahlzeiten enthalten, variiert die Menge des benötigten Insulins. Erfahre, welche Lebensmittel wie auf deinen Blutzucker wirken und wie du Kohlenhydrateinheiten (KE) und Fett-Protein-Einheiten (FPE) berechnen beziehungsweise abschätzen kannst. Denn diese Werte benötigst du, um zu ermitteln, wie viel Insulin du dir zuführen solltest.

Um den Blutzuckerspiegel möglichst dauerhaft im gewünschten Bereich zu halten und ein gutes Allgemeinbefinden zu fördern, sind jedoch noch weitere Maßnahmen bedeutsam. Dazu zählen vor allem eine gesunde, ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung. Zu beiden Themen findest du auf unserer Wissensplattform eine Vielzahl von Beiträgen. Ein gesunder Lebensstil kann die medizinische Therapie sinnvoll unterstützen.

Doch sorge dich nicht. Bist du erst einmal in Übung und gut eingestellt, kann ein Großteil der täglichen Maßnahmen sehr routiniert ablaufen. Bis dahin helfen dir dein Diabetes-Team und auf Wunsch auch wir von Dialetics. In unseren Online-Kursen lernst du nicht nur die Basics, sondern bekommst zudem spezielle, medizinisch geprüfte Tipps aus jahrelanger Praxiserfahrung von anderen Menschen mit Diabetes an die Hand, die dir den Alltag mit Diabetes Typ 1 erleichtern können. Melde dich gleich kostenlos an!

Möglichkeiten der Blutzuckermessung

Wenn du gerne Tennis schaust, ist es dir vielleicht schon einmal aufgefallen: Der deutsche Profi Alexander Zverev, selbst seit seinem dritten Lebensjahr von Diabetes Typ 1 betroffen, sticht sich in den Pausen manchmal kurz in den Finger, um über den entstehenden Blutstropfen seinen Blutzucker zu messen.

Dies ist die klassische Methode der Blutzuckermessung bei Typ 1 Diabetes. Mittlerweile gibt es jedoch auch andere - moderne und praktische - Möglichkeiten, nämlich den Zuckerspiegel im Unterhautfettgewebe zu messen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die CGM-Technik (Continuous-Glucose-Monitoring) zu nennen, bei der ein hauchdünner Sensorstreifen den Gewebezucker im Unterhautfettgewebe kontinuierlich misst. Diese Messmethode ist mittlerweile der absolute Standard.

Möglichkeiten zur Deckung des Insulinbedarfs

Deinen Insulinbedarf kannst du auf drei Arten decken:

  • per Spritze

  • per Pen

  • per Pumpe / AID-System

In der Regel entscheiden sich Menschen mit Diabetes Typ 1 zwischen Pen und Pumpe. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, auf die wir weiter unten ausführlicher zu sprechen kommen. Herkömmliche Spritzen werden heutzutage kaum noch genutzt. Sie dienen aber immer noch als sicheres Backup.

Außerdem gibt es verschiedene Insuline, die unterschiedlich wirken und je nach Bedarf einsetzbar sind. Auch darauf gehen wir im Verlauf dieses Beitrags noch näher ein.

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Blutzucker messen

Der Blutzuckerwert sagt aus, wie hoch die Glukosekonzentration im Blut ist. Als optimal gilt ein Wert zwischen 70 und 140 mg/dl beziehungsweise 3,9 bis 7,8 mmol/l.

Aber: Da viele Faktoren den Blutzucker beeinflussen, sind leichte Schwankungen über den Tag völlig normal - sowohl bei Menschen ohne als auch bei solchen mit Diabetes Typ 1. Beispiel: Bei körperlicher Aktivität sinkt der Wert in den meisten Fällen, während er beim Genuss von kohlenhydratreichen Mahlzeiten ansteigt.

Einem intakten Glukosestoffwechsel gelingt es, den Blutzuckerwert immer wieder zurück in den optimalen Bereich zu bringen. Beispielsweise sollte der Wert bei Menschen ohne Diabetes spätestens zwei Stunden nach einer Mahlzeit unter der Grenze von 140 mg/dl respektive 7,8 mmol/l liegen.

Unbehandelt haben Menschen mit Diabetes Typ 1 einen zu hohen Blutzuckerwert. Das kann schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen. Deshalb ist es elementar, regelmäßig den Blut-/Gewebezucker zu messen und die Insulindosis entsprechend anzupassen.

Das Ziel bei der Therapie von Diabetes Typ 1 besteht darin, möglichst dauerhaft einen normnahen Blutzuckerspiegel zu erreichen. Dabei kann der konkret angestrebte Wert von Person zu Person oder auch je nach Situation variieren. Welcher Wert bei deinen Voraussetzungen am besten passt, legst du zusammen mit deinem Diabetes-Team beziehungsweise deinem Arzt oder deiner Ärztin fest. Mit etwas Erfahrung oder kompetenter Begleitung beispielsweise durch unser Mentoring-Programm kannst du das mit der Zeit auch selbstständig lernen.

Im Idealfall liegen die regelmäßig gemessenen Glukosewerte zu einem großen Teil im Zielbereich, der sogenannten Time in Range (TIR). Dieser Zielbereich entspricht dem Spektrum von 70 bis 180 mg/dl oder 3,9 bis 10,0 mmol/l, kann aber auch individuell angepasst werden.

Bei Werten unter 70 mg/dl oder 3,9 mmol/l können Symptome einer Unterzuckerung auftreten. Dazu zählen vor allem Zittern, Schwitzen, ein blasses Gesicht, Müdigkeit sowie Konzentrationsstörungen. Bei Werten über 180 mg/dl oder 10,0 mmol/l treten eventuell Anzeichen einer Überzuckerung auf, etwa Müdigkeit, starker Durst und damit verbunden ein verstärkter Harndrang oder bei extremer Überzuckerung auch Übelkeit.

Den Blutzuckerwert kannst du schnell und einfach messen - entweder mit einem klassischen Messgerät oder mittels CGM-System. Damit du aussagekräftige Werte erhältst, ist es wichtig, dass du mögliche Fehlerquellen kennst und diese bei der Messung vermeidest.

Klassisches Messgerät

Mit einem klassischen Messgerät kannst du den Blutzuckerwert am Finger oder am Ohrläppchen messen. Wenn du es selber machen möchtest, ist der Finger praktikabler.

Folgende Utensilien benötigst du für diese Variante:

  • Blutzuckermessgerät

  • Teststreifen für das jeweilige Gerät

  • Stechhilfe

  • Einmal-Lanzetten für die Stechhilfe

  • Zellstofftupfer oder Taschentücher mit Desinfektionsspray

  • optional: Blutzuckertagebuch

Schritt-für-Schritt-Anleitung für die klassische Blutzuckermessung am Finger:

  1. Führe einen Teststreifen in das Messgerät und eine Einmal-Lanzette in die Stechhilfe ein.

  2. Wasch dir gründlich die Hände. Essensreste am Finger könnten den Wert verfälschen. Anschließend desinfiziere die Stelle, an der du vor hast, zu messen.

  3. Trockne deine Hände gut ab. Denn Wasserreste könnten das Blut verdünnen und ebenfalls den Wert verfälschen.

  4. Stich mit der Lanzette am besten seitlich in die Fingerbeere. Dort befinden sich die wenigsten Nerven, was den Schmerz minimiert.

  5. Drücke den Finger leicht (!) von unten nach oben. Auf diese Weise bildet sich ein kleiner Blutstropfen.

  6. Halte den Messstreifen an den Blutstropfen, so läuft das Blut in den Messstreifen rein.

Innerhalb weniger Sekunden siehst du auf dem Display des Geräts deinen aktuellen Blutzuckerwert. Trage ihn gegebenenfalls in dein Blutzuckertagebuch ein. Das kannst du handschriftlich tun oder in einer App.

Vergiss nicht, hinterher die Lanzette und den Teststreifen ordnungsgemäß zu entsorgen. Das Messgerät und die Stechhilfe sind wiederverwendbar. Die Lanzetten solltest du ebenfalls wechseln.

Kontinuierliches Glukosemesssystem (CGM)

Alternativ hast du die Möglichkeit, für die Überwachung deines Blutzuckers ein System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) einzusetzen. Mit einem solchen CGM-System bestimmt ein Sensor die Glukosekonzentration im Unterhautfettgewebe.

Sofern der Blutzucker stabil ist, also wenig Schwankungen unterliegt, sind die Werte im Blut und im Unterhautfettgewebe vergleichbar. Steigt der Blutzucker schnell an oder fällt rasch ab, kommt es gemeinhin zu Abweichungen zwischen Gewebezucker- und Blutzuckerwerten. 

Wenn du ein CGM-System nutzt, trägst du diesen je nach Hersteller am Arm, Oberschenkel oder Bauch. Dieser Sensor misst automatisch alle paar Minuten deinen Gewebezucker und sendet die ermittelten Werte laufend an dein Empfangsgerät. Das kann eine App auf deinem Smartphone, eine Smartwatch, ein separates Lesegerät oder auch deine Insulinpumpe sein.

Ein CGM-System hat im Vergleich zum klassischen Messgerät mehrere Vorteile:

  • Du ersparst dir das mehrmalige Stechen am Tag. Zwar muss der Sensor zunächst mit einer Nadel in das Unterhautfettgewebe eingebracht werden; allerdings bleibt diese Nadel nur kurz in der Haut. In deinem Unterhautfettgewebe befindet sich fortan ein flexibler Messfaden. Dieser verursacht normalerweise keine Schmerzen. Je nach Modell wechselst du den Sensor alle ein bis zwei Wochen.

  • Das CGM-System zeigt nicht nur den gegenwärtigen Wert an, sondern den Verlauf. Folglich hast du einen genaueren Überblick, wie sich dein Blutzucker wann verhält. Das kann dir helfen, die je nach Tageszeitpunkt und Aktivität benötigte Insulindosis besser abzuschätzen. Und das trägt wiederum dazu bei, die Time in Range zu erhöhen sowie Über- und Unterzuckerungen vorzubeugen.

Apropos Time in Range: Du kannst dir von deinem CGM-System anzeigen lassen, zu wie viel Prozent der Blutzucker im Verlauf des Tages in deinem festgelegten Zielbereich lag.

Wie ein Blutzuckermessgerät samt Zubehör gehört auch ein CGM-System für Menschen mit Diabetes Typ 1 zu den Kassenleistungen. Du benötigst dafür lediglich eine Verordnung deines Arztes oder deiner Ärztin.

Tipps für zuverlässige Messergebnisse

Korrekte Messergebnisse sind entscheidend, damit du dir die richtige Menge an Insulin zuführen kannst. Deshalb ist es enorm wichtig, Fehler zu vermeiden. Hier die besten Tipps dafür:

  • Führe bei der Messung mit einem klassischen Blutzuckermessgerät jeden einzelnen Schritt penibel durch, insbesondere den des Händewaschens, des anschließenden Abtrocknens und Desinfizierens. Sowohl Essensreste am Finger als auch mit Wassertropfen verdünntes Blut können den Wert verfälschen. 

  • Du bist unterwegs und kannst dir die Hände gerade nicht waschen? Dann wische den ersten Blutstropfen mit einem sauberen Taschentuch weg und tupfe erst den zweiten mit dem Teststreifen ab.

  • Drücke wirklich nur leicht am Finger, bis sich der Blutstropfen bildet. Drückst du zu stark, kann Gewebsflüssigkeit mit austreten und den Blutzuckerwert verfälschen.

  • Falls kein oder zu wenig Blut kommt, stichst du besser mit einer neuen Lanzette in einen anderen Finger.

  • Um einen ausreichend großen Blutstropfen zu gewinnen, kannst du an der Stechhilfe die Stechtiefe passend einstellen. 

  • Miss deinen Blutzucker zum richtigen Zeitpunkt – am besten jeweils vor und spätestens zwei Stunden nach dem Essen. Verwendest du ein CGM-System, hast du insgesamt einen guten Überblick über den Verlauf der Blutzuckerwerte in jeder Situation.

  • Bei der Interpretation deiner Gewebezuckerwerte solltest du stets daran denken, dass mit dieser Methode nicht der Blutzucker, sondern der Gewebezucker im Unterhautfettgewebe bestimmt wird. Das Messergebnis aus dem CGM-System ist im Vergleich zur klassischen Blutzuckermessung ungefähr 10 bis 15 Minuten verzögert. Beachte dies bei der Interpretation der Werte.

Allgemeines rund um die Insulintherapie

Bei Menschen mit Diabetes Typ 1 kann die Bauchspeicheldrüse nur noch wenig oder gar kein Insulin mehr produzieren. Dieses Hormon ist jedoch elementar für einen funktionierenden Zuckerstoffwechsel.

Ohne ausreichend Insulin bleibt der Blutzucker dauerhaft erhöht, was die Nerven und Blutgefäße schädigen und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Deshalb musst du bei Typ 1 Diabetes lebenslang Insulin von außen zuführen.

In Diabetes-Schulungen bei deinem Diabetes-Team oder kostenfrei auf dialetics.com lernst du, wie du die Insulintherapie im Alltag selbständig durchführen kannst. Den genauen Rahmen der Therapie solltest du stets in enger Absprache mit deinem Diabetes-Team festlegen. Das gilt auch in Bezug auf etwaige Anpassungen im Laufe der Zeit.

Wie Insulin wirkt

Insulin hat die Aufgabe, Glukose aus dem Blut zu den Muskel-, Fett- und Leberzellen zu transportieren. Glukose ist der wichtigste Einfachzucker im Kohlenhydratstoffwechsel. Sie versorgt die Körperzellen mit der Energie, die diese benötigen, um ihre Funktionen zu erfüllen.

Bei Menschen ohne Diabetes Typ 1 gibt die Bauchspeicheldrüse jedes Mal, wenn der Blutzuckerspiegel ansteigt, vermehrt Insulin ins Blut ab. Dies ist hauptsächlich nach dem Essen der Fall, vor allem, wenn die Mahlzeit viele Kohlenhydrate enthält.

Zudem produziert die Bauchspeicheldrüse eine Grundmenge an Insulin, die an verschiedenen Zucker- und Fettstoffwechselprozessen beteiligt ist.

Diese natürlichen Vorgänge der Insulinausschüttung lassen sich bei Menschen mit Typ 1 Diabetes mittels moderner Insulinpräparate nachahmen.

Diese Arten von Insulin gibt es

Prinzipiell stehen für die Insulintherapie bei Diabetes Typ 1 Humaninsuline und Insulinanaloga zur Verfügung. Beide werden biotechnologisch mit Bakterien oder Hefen hergestellt.

Humaninsuline haben die gleiche chemische Struktur wie das natürliche menschliche Insulin. Daher auch der Begriff, denn human bedeutet menschlich.

Demgegenüber weisen Insulinanaloga eine geringfügig veränderte molekulare Struktur auf. Indem an bestimmten Stellen einzelne Bausteine ausgetauscht oder hinzugefügt werden, lässt sich beeinflussen, wie schnell und wie lange das Insulin wirkt.

Nach gegenwärtigem Forschungsstand gelten beide Varianten als gleichermaßen geeignet für die Insulintherapie bei Diabetes Typ 1. Je nach Präparat unterscheiden sich der Wirkeintritt und/oder die Wirkdauer, wie die Tabelle unten zeigt.

Lang- und kurzwirksame Insuline

Sowohl Humaninsuline als auch Insulinanaloga werden in lang- und kurzwirksame Insuline unterteilt. Darüber hinaus gibt es Mischinsuline, die Basal- und Bolusinsulin kombinieren.

Ein paar Anmerkungen zu den Begrifflichkeiten:

  • Langwirksame Insuline heißen fachsprachlich Basalinsuline. Manchmal werden sie auch Langzeitinsuline, Verzögerungsinsuline oder Intermediärinsuline genannt.

  • Kurzwirksame Insuline sind als Bolusinsuline bekannt. Hin und wieder begegnen dir vielleicht auch die Begriffe Kurzzeitinsuline und Mahlzeiteninsuline. 

  • Langwirksame Humaninsuline werden als Humaninsuline mit Verzögerungszusatz und kurzwirksame Humaninsuline als Normalinsuline bezeichnet.

Eigenschaften von Basalinsulinen:

  • späterer und langsamerer Wirkeinsatz 

  • längere Wirkdauer

Merkmale von Bolusinsulinen:

  • früherer und schnellerer Wirkeinsatz

  • kürzere Wirkdauer

InsulintypWirkeinsatz nach InjektionWirkungsdauer
Basal Humaninsulinca. 1-2 Stundenca. 8-14 Stunden
Basal Insulinanalogaca. 1-2 Stunden19+ Stunden, teilweise sogar über 42 Stunden
Bolus Humaninsulinca. 30 Minutenca. 3-5 Stunden
Bolus Insulinanalogaca. 5-15 Minutenca. 2-4 Stunden

Funktionelle Basis-Bolus-Therapie

Heutzutage ist die funktionelle Basis-Bolus-Therapie, auch intensivierte Insulintherapie genannt, die übliche Behandlungsmethode. Sie orientiert sich an den natürlichen Stoffwechselvorgängen im Körper.

Konkret bedeutet das: Die Insulinmenge wird jeweils kurzfristig an den aktuellen Blutzuckerspiegel, die Tageszeit, die Mahlzeiten(zusammensetzung) und körperliche Aktivitäten angepasst. 

Dies setzt eine große Eigenverantwortung voraus. Zum einen musst du deinen Blutzucker dauerhaft im Auge behalten und zum anderen genau wissen, welche Insulinmenge wann erforderlich ist.

Doch es lohnt sich sehr, alles zu lernen, was für die intensivierte Therapie eine Rolle spielt, denn: Sie gibt dir die Möglichkeit, ein weitestgehend freies und aktives Leben zu führen. Oder anders ausgedrückt: Die Therapie folgt dir, nicht du ihr.

Hier die wichtigsten Aspekte der funktionellen Basis-Bolus-Therapie im Überblick:

  • 1-2 Mal pro Tag Basalinsulin spritzen, um den Grundbedarf zu decken

  • vor jeder Mahlzeit eine angepasste Menge Bolusinsulin spritzen, um den erhöhten Insulinbedarf zu decken

  • Injektion mittels Spritze, Pen oder Pumpe möglich

Insulinbedarf - eine individuelle und situative Angelegenheit

Der Insulinbedarf im Sinne der benötigten Insulinmengen variiert von Person zu Person. Er hängt von zahlreichen Faktoren ab, beispielsweise den körpereigenen Hormonen, der nährstofflichen Zusammensetzung der Mahlzeiten, körperlichen Aktivitäten und Stress.

Außerdem kann sich der Bedarf in bestimmten Situationen verändern, bei Frauen etwa während der Zyklusphasen, in der Schwangerschaft und Stillzeit. Auch Begleiterkrankungen, Infekte oder Stress beeinflussen den Stoffwechsel und damit den Insulinbedarf.

Bei Menschen ohne Typ 1 Diabetes adaptiert die Bauchspeicheldrüse die Insulinproduktion an die jeweiligen Bedingungen, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Menschen mit Diabetes Typ 1 müssen hier je nach Therapie selbst nachhelfen.

Indem du regelmäßig deinen Blutzucker misst, kannst du die Insulinmenge stets an die jeweilige Situation anpassen und auf diese Weise Unter- oder Überzuckerungen rechtzeitig entgegenwirken.

Kurzer Ausblick: Zukunft mit smarten Insulinen?

WissenschaftlerInnen arbeiten eifrig daran, die Insulintherapie für Menschen mit Diabetes Typ 1 weiter zu verbessern. Alles um uns herum ist zunehmend ‘smart’ - und auch die Insuline sollen es werden.

Doch wie könnte das aussehen? Die Idee ist, im Körper ein Depot glukosesensitiver Insuline anzulegen. Aus diesem Depot soll der Botenstoff immer genau dann in den Blutkreislauf abgegeben werden, wenn der Blutzucker ansteigt und somit Bedarf besteht.

Der Ansatz ist vielversprechend, allerdings befindet sich die Forschung diesbezüglich in einer frühen Phase. ExpertInnen gehen davon aus, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis das erste smarte Insulin auf den Markt kommt.

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Diabetes-Technik für die Insulintherapie

Insulinpen oder Insulinpumpe? Die meisten Menschen mit Diabetes Typ 1 entscheiden sich zwischen diesen beiden Techniken. Klassische Insulinspritzen werden nur noch sporadisch (meist als Backup bspw. auf langen Reisen) verwendet, sodass wir uns ganz auf Pen und Pumpe konzentrieren.

Pen

Ein Insulinpen ist eine handliche Injektionshilfe und erinnert optisch an einen Kugelschreiber oder Füllfederhalter. Durch die sehr kurzen und dünnen Kanülen spüren die meisten AnwenderInnen nahezu keinen Schmerz, wenn sie sich Insulin spritzen.

Es gibt halbautomatische und vollautomatische Insulinpens. Halbautomatische Pens verfügen über ein Dosierrädchen, an dem du die benötigte Anzahl an Insulineinheiten einstellen kannst. Du führst die Nadel in das Unterhautfettgewebe ein und betätigst anschließend den Auslöser, beispielsweise einen seitlichen Schieber. Daraufhin gelangt die zuvor von dir vorgegebene Insulinmenge in deinen Körper.

Bei vollautomatischen Pens musst du die Kanüle nicht selbst einführen. Vielmehr ist dieser Schritt Teil der Auslösung. Das heißt, dass du den Pen einfach an die gewünschte Injektionsstelle hältst und den Mechanismus betätigst. Daraufhin sticht das Gerät die Nadel in das Unterhautfettgewebe und gibt dann Insulin durch die Kanüle ab.

Des Weiteren stehen vorgefüllte und wiederbefüllbare Pens zur Wahl. Bei vorgefüllten Pens ist die Patrone mit dem Insulin nicht austauschbar, sodass du das gesamte Gerät nach dem Verbrauch wegwerfen musst. Wiederbefüllbare Pens kannst du hingegen mehrfach mit einer neuen Patrone ausstatten.

Pumpe

Immer mehr Menschen mit Diabetes Typ 1 bevorzugen die Insulinpumpentherapie, kurz CSII von ‘Continuous Subcutaneous Insulin Infusion’. Eine Insulinpumpe setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

  • einem kleinen Gerät, das als Insulintank fungiert sowie zur Steuerung dient und das du beispielsweise am Hosenbund befestigen kannst

  • einer dünnen Kanüle aus Stahl oder Kunststoff, die üblicherweise am Bauch direkt unter die Haut gelegt wird

  • einem dünnen Schlauch, der das Gerät und die Kanüle miteinander verbindet

Die Pumpe gibt im Tagesverlauf gleichmäßig kleine, vorprogrammierte Mengen eines schnellwirksamen Insulins ab. Damit deckt sie den Grundbedarf. Im Fachjargon ist hierbei von der Basalrate die Rede. Du kannst diese Basalrate individuell im 30-, 60- oder 90-Minuten-Takt einstellen.

Mahlzeiten erhöhen deinen Insulinbedarf. Um diesen zu decken, benötigst du jeweils eine zusätzliche Bolusgabe. Diese musst du stets selbst per Knopfdruck auslösen. Dafür kannst du bei den gängigen Modellen den sogenannten Kohlenhydratfaktor hinterlegen, sodass du nur die geschätzte Menge Kohlenhydrate eingeben musst und dir die Pumpe die notwendige Menge Insulin selbst berechnet.

Vor- und Nachteile einer Insulinpumpe

Die Nutzung einer Insulinpumpe hat gegenüber der Therapie mit einem Pen verschiedene Vor- und Nachteile. Wir fassen die wichtigsten Pros und Contras kurz zusammen.

  • Kein manuelles Spritzen: Du musst nicht permanent aktiv spritzen. Aber: Für Ausnahmesituationen, beispielsweise bei einem technischen Defekt an der Pumpe, solltest du dennoch mit einem Pen umgehen können.

  • Gestaltung des Tagesablaufs: Bei spontanen Aktionen wie etwa ungeplantem Sport kannst du die Insulinmenge flexibler und auch etwas spontaner anpassen.

  • Einstellung des Blutzuckerspiegels: In der Regel gelingt es mit einer Pumpe besser, die Time in Range zu erhöhen.

  • Technische Defekte: Es kann zu Funktionsstörungen kommen. Das passiert allerdings sehr selten. Dennoch solltest du die Technik regelmäßig überprüfen. Wenn beispielsweise die Kanüle aus dem Unterhautfettgewebe rutscht und du das nicht rechtzeitig bemerkst, droht eine Überzuckerung und im schlimmsten Fall eine lebensgefährliche Übersäuerung des Blutes, auch diabetische Ketoazidose genannt.

  • Entzündung der Einstichstelle: Mitunter kann sich die Einstichstelle der Kanüle entzünden. Dies geschieht jedoch normalerweise nur bei mangelnder Hygiene oder wenn dieselbe Kanüle zu lange getragen wird. 

  • Es können auch Hautreizungen durch die Pflaster auftreten. Hier gibt es Hilfe wie Sprays oder spezielle Pflaster für hohe Hautempfindlichkeit.

  • Unangenehmes Tragegefühl: Manche Menschen mit Diabetes Typ 1 finden es lästig, die Pumpe die ganze Zeit am Körper zu tragen, zumal man mit dem Schlauch auch leicht irgendwo hängen bleiben kann.

Hybride Closed-Loop-Systeme (AID-System)

Hybride Closed-Loop-Systeme, auch AID-System genannt, sind derzeit die modernste Therapieform bei Diabetes Typ 1. Sie definieren sich als Kopplung einer Insulinpumpe mit einem CGM-System. Basierend auf dem vom CGM-Sensor ermittelten Glukosewert, dem aktuell wirkenden Insulin und weiteren Faktoren gibt die Pumpe im Abstand von wenigen Minuten die jeweils benötigte Insulinmenge ab. Das bedeutet, dass ein AID-System deinem Körper die Basalrate exakt bedarfsgerecht und automatisch zuführen kann, sobald du es gemeinsam mit deinem Diabetes-Team passend programmiert hast.

Zudem praktisch: Wenn du es entsprechend einstellst, warnt dich das Gerät bei zu hohen oder zu niedrigen Werten sofort. Das hilft dir, Über- und Unterzuckerungen zu vermeiden.

Allerdings funktionieren hybride AID-Systeme gegenwärtig noch nicht vollautomatisch. Vor deinen Mahlzeiten musst du dem Gerät durch eine entsprechende Eingabe mitteilen, wie viele Kohlenhydrate du verzehrst, damit das System die Bolusgabe anpassen kann. Auch anstehender Sport oder Bewegung muss dem System mitgeteilt werden.

Unter bestimmten Voraussetzungen und je nach Bundesland werden hybride AID-Systeme von den Krankenkassen übernommen. Besprich dich dazu am besten mit deinem Diabetes-Team.

Umgang mit der Technik erlernen

Unabhängig davon, für welche Therapieform du dich entscheidest: Zunächst geht es immer darum, den Umgang mit der jeweiligen Technik intensiv zu erlernen, damit du sie sicher anwenden kannst. Hierfür gibt es strukturierte Schulungsprogramme. Diese dauern mehrere Tage und können wahlweise ambulant oder stationär in zertifizierten Diabetes-Zentren durchgeführt werden.

Im Falle einer ambulanten Schulung kannst du deinen gewohnten Lebensrhythmus beibehalten und die Basalrate besser auf das reale Alltagsgeschehen abstimmen.

Demgegenüber bietet eine stationäre Schulung mit Krankenhausaufenthalt die Möglichkeit, den Blutzucker auch in der Nacht zuverlässiger zu messen und durch einen gleichmäßigen Tagesablauf mit weniger Störfaktoren als zu Hause schneller eine erste passende Basalrate zu ermitteln. Je nachdem wie sehr der gewohnte Alltag vom Krankenhausalltag abweicht, muss diese allerdings im Nachgang wieder entsprechend angepasst werden.

Gibt es alternative Therapiemöglichkeiten?

Oft hören oder lesen wir die Frage, ob Diabetes Typ 1 statt mit Insulin auch mit Antidiabetika oder Antikörpern behandelt werden kann. Darauf gehen wir an dieser Stelle kurz ein.

Antidiabetika bei Diabetes Typ 1

Orale Antidiabetika dienen dazu, die Insulinwirkung im Körper zu verbessern. Bei Menschen mit Diabetes Typ 2 können sie den Blutzuckerspiegel häufig ausreichend senken, insbesondere zu Beginn der Erkrankung. Demgegenüber sind diese Tabletten bei Menschen mit Diabetes Typ 1 normalerweise wirkungslos - außer, es liegt zusätzlich eine Insulinresistenz vor. Dann können Antidiabetika unter Umständen hilfreich sein, aber immer nur als Ergänzung zur Insulintherapie, niemals als Ersatz!

Behandlung mit Antikörpern bei Typ 1 Diabetes

Die Gabe von bestimmten Antikörpern kann bei Diabetes Typ 1 den Beginn der Symptome um bis zu zwei Jahre verzögern. Dies setzt aber voraus, dass der Diabetes früh erkannt wird, was eher die Ausnahme ist, wie du in unseren Beiträgen über die Ursachen und die Diagnose von Diabetes Typ 1 nachlesen kannst.

Solange ein Mensch mit Typ 1 Diabetes keine Symptome hat, ist der Blutzuckerspiegel weitestgehend im Normalbereich. Das bedeutet, dass die Bauchspeicheldrüse noch ausreichend Insulin produzieren kann. Häufig vergehen mehrere Jahre, bis die insulinproduzierenden Zellen so weit zerstört sind, dass der Blutzuckerspiegel permanent erhöht ist, was zu Symptomen wie starkem Durst und extremer Müdigkeit führt.

Das heißt: Im Falle einer Früherkennung kann ein Mensch mit Diabetes Typ 1 eventuell zunächst mit Antikörpern behandelt werden, um die Zerstörung der insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zu verlangsamen. Eine Insulintherapie ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht oder nur geringfügig erforderlich. Erst sobald rund 80 Prozent der insulinproduzierenden Zellen zerstört sind, bedarf es einer vollumfänglichen Insulintherapie.

Aktuell gibt es in Deutschland keine zugelassenen Medikamente für eine solche Therapie. In den USA gibt es sie bereits. Erste Studienergebnisse zeigen, dass die Früherkennung ein großes Potenzial bietet, die schweren Komplikationen durch bspw. eine diabetische Ketoazidose bei der Diagnose besonders im Kindes- und Jugendalter signifikant zu reduzieren. 

Best Practice: ein gut eingestellter Diabetes Typ 1

Ein gut eingestellter Diabetes Typ 1 mit einer ausgedehnten Time in Range von über 70% ist dein Schlüssel zu anhaltendem Wohlbefinden. Dank der vielfältigen Therapiemöglichkeiten kannst du die Behandlung in vielen Details individuell anpassen.

Du hast die Wahl zwischen Pen und Pumpe. Die Insulinpumpentherapie ist in Verbindung mit einem CGM-System auch zu einem hybriden Closed-Loop-System erweiterbar. Dieses kann in besonderem Maße zu einem gut eingestellten Typ 1 Diabetes beitragen.

Letztlich kommt es auf deinen Körper und deine Wünsche an, welche Therapieform die richtige für dich ist. Dein Diabetes-Team hilft dir dabei, die optimale Behandlung zu finden und regelmäßig auf den erzielten Effekt hin zu überprüfen. Nutze auch unsere wertvollen, medizinisch geprüften Inhalte und Online-Schulungen auf dialetics.com, um dich kostenlos und mit der jahrzehntelangen Erfahrung anderer Menschen mit Diabetes weiterzubilden.

Denk immer daran, dass du bestimmte Dinge auch selbst in der Hand hast: Achte beispielsweise auf eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Beides kann die Insulintherapie bei Diabetes Typ 1 positiv beeinflussen.

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